Die Buchstaben und Wörter fingen an vor ihn zu verschwimmen. Sie schienen ihn zu umkreisen, ihn zu fesseln, als ihn eine Stimme auf den Gedanken holte. Seine Augenfarbe musste genauso schnell zu seinem natürlichen eiskalten blau gewechselt sein, wie er wieder in der Realität saß, hier auf der weißen Couch!
Leah, die Wölfin, war anscheinend gerade aufgestanden und hatte sich aus einem Schrank Brot genommen und biss nun in ein abgebrochenes Stückchen rein.
Seit wann ist denn das Brot dort drinnen?, fragte sich Toichi.
"M....morgen", antwortete er ihr leise. Sie sah ihn mit einem komischen Blick an, aber er wollte nichts entgegnen, er hatte ja gesehen wie sie reagieren konnte. Er versuchte sich wieder auf sein Buch zu konzentrieren.

Leah stopfte sich noch mehr Brot in the Mund und setzte sich einfach auch auf die Couch, allerdings auf die andere Seite. "Brauchst keine Angst vor mir haben.", grummelt sie mit vollem Mund Toichi zu. "Ich beiße selten und wenn nur Elben. Und wenn ich in meiner Wolfsform bin, also keine Angst und keine Sorge."

Toichi sah wieder auf, als Leah sich auf die Couch setzte. Mit vollem Mund redete sie von beißen und Elben und innerlich musste Toichi ein bisschen Lächeln.
"N...n.na gut!", meinte er. Er glaubte ihr zwar, dass sie niemanden beißen würde, aber einen Streit wollte er nicht haben, oder dass er angefaucht würde, oder etwas ähnliches. Aber sie hatte ja im Moment keinen Grund. Er klappte seinen Roman zu und legte ihn auf den Tisch.
Er sah zu Leah, die noch immer auf ihrem Brot kaute.
"W..w..woher kommst d..du?", fragte er sie vorsichtig, man musste ja wissen mit wem man unter einem Dach lebte.

Leah runzelte die Stirn automatisch und antwortete nur kurz. "Irgedwoher, schlechter Ort, tut nichts zur Sache." Sie biss in das Brot und kaute eine Weile mit finsterer Miene, bis sie sich wieder an Toichi wandte. "Ist aber nicht so schlimm... Woher kommst du denn?"

Toichi bekam sofort ein schlechtes Gewissen, als sie mit finsterer Mine auf ihrem brot rumkaute.
Vielleicht war das nicht wirklich das richtige Thema....
"A..aus einem kl..kleinen Fischerdorf im Norden!", antwortete er ihr. Toichi rieb sich seine Stirn und sah sich im Raum um. Waren die anderen Mitbewohner frühstücken gegangen, oder schliefen sie noch?
Er sah wieder zu Leah, öffnete kurz seinen Mund, schloss ihn aber gleich wieder.
Was sollte man auch noch sagen, nach ihrer Vergangenheit wollte er sie nicht fragen....
Vielleicht wäre es besser, wenn er sich einen Tee machen würde. Er stand auf und ging zur Küchenzeile, holte sich einen Teebeutel ("Zitrone") und ein Teeglas, setzte sich wieder auf die Couch und tat die Aromablätter in das Glas. Dann konzentrierte er sich ganz auf das Glas. Warmen Nebel, wenn nicht sogar heißen, heraufzubeschwören war er nicht gewohnt, aber langsam erschienen schon kleine Schwaden, die nicht über den Rand des Glases hinweg gleiteten.

"Ahhh, ja.", antworte Leah, zugegeben nicht sonderlich interessiert. Sie kaute auf dem letzten Bisschen Brot herum, zugegeben etwas zu verbissen und beobachtete Toiche wie er Tee machte. Sie zog die Augenbrauen hoch: "Nettes..." Sie suchte nach einem Wort, in Richtung des Nebels mit ihrer Hand wedelnt. "... Feature." Sie schüttelte über ihre eigene Wortwahl den Kopf. "Ich kann mich nur in so einen dämlichen Wolf verwandeln. Wäre schon cool etwas nützlichen zu können...."

Hinati betrat die Kueche. "Wieso, Tier zu sein ist doch was tolles." Sie ging zum Kaffeeautomat und stellte eine Tasse drunter und machte das Geraet an. Am Morgen musste sie immer Kaffee haben, sonst fuhr ihr System nicht hoch. Normalerweise wachte sie nicht um diese Uhrzeit auf. Warum am Morgen aufwachen, wenn man gemuetlich bis 12 Uhr schlafen konnte? Aber da sie jetzt auf einer Schule war, hatte sie gedacht, dass sie das fruehe aufstehen schon mal zur Gewoehnung machen sollte.
Als sie dann endlich mit dem Herumhantieren fertig war, drehte sie sich zu ihren Mitbewohnern um, die sie bis jetzt noch nicht kennengelernt hatte. "Hi, ich bin Hinati."

Toichi musste schmunzeln, als Leah zugab, dass sie das ein wenig beeindruckte. Es schien auch schwer zu sein sie zu beeindrucken, denn anscheinend prallten alle bewundernswerten Eindrücke an ihr ab als ob sie eine Anti-Andere-Bewunderungs-Schutzwand um sich hätte. Aber sein kleiner Optimismus wurde wieder vom Pessimismus verdrängt und er sah mit leeren Augen auf das Teeglas, in dem sich der Rauch langsam absetzte, anfing zu kondensieren und sich am Boden als gelb-grünlich verfärbtes Aromawasser absetzte. "Es...es ist auch nichts besonderes......", meinte er leise, "Es..es ist nur Nebel und ja.... es... es ist nichts besonderes! Ich kann damit im Prinzip...n..nichts machen!" Er starrte immer noch auf das Teeglas, der Teebautel war schon ganz durchnässt, die Blätter auch, eigentlich sah es ja aus wie ein Müllbeutel für die Biotonne, aber Toichi dachte nicht weiter darüber nach.
Ein weiteres Mädchen kam herein, sie lief schnurstracks zur Kaffeemaschine und ließ sich einen Kaffee in eine Tasse. Sie schien sich auch in ein Tier verwandeln zu können, warum sollte sie sonst sagen, dass es toll wäre. Woher würde sie es sonst wissen? Sie gesellte sich zu den Zweien und stellte sich als Hinati vor. "H...h...hallo", Toichis Stimme wurde wieder leiser, immer wenn jemand neues dazukam, wurde er nervöser und wurde immer leiser, "I...ich bin Toichi!"

Leah schaute auf, als das Mädchen hereinkam. Sie hatte sie schon in den letzten Tagen gerochen, den strengen Geruch einer Wildkatze. "Leah.", meine sie trocken und ein wenig feindselig. "Und es freut mich außerordentlich, dass es dich nicht stört." Sie schnaubte und wandte sich wieder an Toichi. "Naja, du kannst doch Figuren und so machen, oder? Ist bestimmt hilfreich um Leute zu täuschen..."

"Schoen euch kennenzulernen." Leah's Feindseligkeit prallte einfach von ihr ab. Sie wusste, wie es war mit anderen Gestaltswandlern. Erst einmal war da die Sache mit dem Nicht Vertrauen, von wegen 'Uh, du bist ein Gestaltwandler, aber eine andere Rasse. Nee, ich vertrau dir nicht. Du bist nicht meine Art und du tust auf nett. Dir kann man nicht vertrauen.' So etwas hatte sie schon wirklich oft zuhoeren gekriegt. Na gut, vielleicht nicht genauso, aber wenn man zwischen den Zeilen lies, beziehungsweise hoerte ...
Ihr Kaffee war fertig, also schnappte sie sich ihren Becher und setzte sich an den Tisch. Sie sah Nebel, oder war es Dampf? in Toichi's Teeglass und hoerte, wie die beiden darueber redeten. Aha, sie teilte sich also das Wohnhaus mit einem Wolf und jemandem der Nebel kontrollieren konnte.

"Tss.., als ob sich Leute davon ablenken lassen würden!", meinte er sarkastisch. Es war nun wirklich nichts besonderes, man konnte halt ein bisschen Wasserdampf umher schmeißen, aber mehr war da nicht.....
Er sah sich kurz zu Hinati und dann zu Leah. Beide saßen genau auf der anderen Seite von ihm und irgendwie war er zwischen die Fronten geraten. Aber wenn sie sich angreifen würden, dann würde er sich einfach in Luft auflösen.
Er sprach wieder zu Leah, während er versuchte den Teebeutel herauszuholen, denn der Dampf war, bis auf ein kleines bisschen, schon kondensiert:
"Aber....aber wenn du dich doch verwandeln kannt, in...in einen Wolf, dann....dann kannst du dich ja gut verteidigen!"

Leah zuckte mit ihren Achseln. "Klar kann man sich super verteidigen und so. Aber eigentlich ..." Sie schüttelte den Kopf. "Es ist halt nichts wirklich cooles, nichts wirklich außergewöhnliches. Aber ich will mich nicht beschweren." Ihre Miene verdunkelte sich, als sie an Seth dachte, der in einem dunklen Kerker hocken musste, während sie hier auf dem Sofa saß und sich nett unterhielt.