Penny sah ihn ein wenig erschrocken an. Sie nahm sein Gesicht in ihre Hände und blickte ihn eindringlich an. "Sag sowas nicht", bat sie ihn. "Sei einmal im Leben ein Sturkopf und unverbesserlicher Optimist wie ich und glaube daran dass Wünsche in Erfüllung gehen können. Sie tun es nicht immer, aber wie sagt man? Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wer aufgibt hat schon verloren. Das Leben ist viel bunter wenn man nicht alles schwarz malt, Kay."

"Ich bin nicht wie du.", sagte Kay leise. Er lehnte seine Stirn an Pennys und genoss diesen einen Moment, in dem er sich keine Gedanken zu machen brauchte. Vielleicht war er einst so wie sie gewesen, doch wenn es so war, konnte er sich nicht mehr dran erinnern. So oder so hatte er noch niemanden getroffen, der sich mit ihr vergleichen ließ. "Aber weißt du?", murmelte er gedankenverloren. "Einer meiner Wünsche ist schon in Erfüllung gegangen." Vielleicht war er also noch nicht gänzlich verloren.

Penny wollte ihn fragen welcher Wunsch das war, ließ es dann aber sein. Sie ahnte worum es sich handelte. Oder nahm es zumindest an.
"Nein, du bist nicht wie ich", erwiderte sie ebenso leise. "Du bist du"
Ja, Kay war nicht wie sie. Er war eine ganz eigene, faszinierende Person, hinter deren Fassade sich sovieles verbarg, das sie noch ergründen wollte.
Manche Facetten von ihm gefielen ihr, andere nicht, aber das machte ihn aus. Kein geschliffener Diamant, sondern voller Ecken und Kanten.
Kay lehnte seine Stirn an ihre und sie blickte direkt in seine Augen. So nahe war sie noch keinem Jungen gewesen, doch eigenartigerweise hatte die Situation etwas Geborgenes, ohne Anspannung.

"Ich weiß nur nicht, ob mir "Ich sein" noch gefällt.", murmelte Kay. "Und wenn nicht, ob ich es noch rückgängig machen kann." Er schloss einen Moment die Augen und merkte im nächsten Moment, dass es ein Fehler war. Plötzlich war es ganz und gar nicht leicht wach und konzentriert zu bleiben. Man sollte meinen, er könnte den Moment auskosten, dachte er.
"Oh.", sagte er leicht desorientiert, als er die Augen wieder aufriss. "Ich wusste nicht, dass ich so müde bin." Doch das war er. Tatsächlich war er stehend k.o. Alles nur wegen Darrens Unterricht?

Penny musterte ihn leicht besorgt. Er sah aus, als könnte er jeden Moment umfallen. Sie war auch müde, allerdings fiel es ihr momentan nicht schwer wach zu bleiben. Was wohl daran lag, dass sie jede Sekunde auskosten wollte, die ihr so blieb.
Kay war es wahrscheinlich noch wichtiger diesen Augenblick auskosten zu können, jemanden zu berühren. Verständlich zwar, dass er dann nicht gerne schlafen wollte, aber nichts desto trotz, sollte er es lieber tun, so fertig würde er den Tag sonst nicht überstehen.
Entschlossen und doch vorsichtig, zog sie ihn mit sich zu Boden, wo sie es sich im Schneidersitz bequem machte und seinen Kopf sanft auf ihren Schoss bettete.
Ihre Hände strichen über seine weichen Haare.
"Schlaf, Kay. Es bringt niemandem etwas wenn du stehend k.o. bist."

"Doch. Dir.", grummelte Kay und richtete sich wieder halb auf. "Damit du nicht bei lebendigem Leib gegrillt wirst." Würde er einschlafen, würden auch seine Kraft und seine Energie zurückkehren und damit verbunden - seine Gabe.
"Ich glaube, ich schlafe einfach gar nicht mehr.", beschloss er, setzte sich ganz auf und lehnte sich seitlich gegen Penny. "Das ist es wert..."

Penny schüttelte den Kopf, gab aber nach. "Dann bleib ich lieber bei dir, du wirst nämlich irgendwann einfach umkippen", meinte sie, lächelte aber leicht.
Es war einerseits schön Zeit mit Kay zu verbringen, Zeit in der sie in der Lage waren einander zu berühren, in der er nicht angespannt war.
Aber andererseits stimmte sie es traurig, dass es für ihn nötig war nicht zu schlafen, um ein Zurückkehren seiner Kräfte zu verhindern.
Das würde er nicht ewig durchhalten. Wie lange kam man ohne Schlaf aus?
Sie beschloss nicht weiter darüber nachzudenken und sich stattdessen auf Kay zu konzentrieren.
Irgendwann würden seine Augen sowieso zuklappen und dann sollte sie besser anwesend sein, bevor er noch irgendwo zusammensackte.

"Ach Quatsch, ich bin noch fit.", behauptete Kay, aber das darauffolgende Gähnen strafte ihn Lügen. Er wusste nicht, wie lange er es noch schaffen würde die Augen offen zu halten.
"Versprich mir, dass du gehst, sollte ich einschlafen.", sagte er leise. "Bevor... noch irgendetwas passiert." Bevor seine Fähigkeit zurückkehrte.

Penny sah ihm an, wie ernst es ihm damit war und sie würde keine Diskussion anfangen, das würde ihn nur dazubringen wegzugehen. Und das wollte sie nicht riskieren.
Also nickte sie. "Ich verspreche es"
Wenn er einschlief würde sie gehen. Wie weit, das sagte sie jedoch nicht.
Denn ganz allein würde sie ihn nicht lassen.

Er hätte ihr jetzt gerne etwas Schönes gesagt. Wie viel sie ihm bedeutete. Wie dankbar er war. Aber Kay war einfach nicht der richtige Typ für schöne Worte. Und morgen schon würde er Penny nicht einmal mehr berühren können. Zu schade, dass er viel zu müde war um die restliche Zeit zu nutzen. "Dann ist ja gut.", murmelte er verschlafen und seine Augenlider schlossen sich. Sein Kopf rutschte von Pennys Schulter zurück in ihren Schoss und er dämmerte hinweg in Traumgefilde und tiefen Schlaf.

Penny lachte leise, denn es war auch zu süß wie er einschlief und in ihren Schoss fiel. Einen Moment lang ließ sie seinen Kopf dort ruhen, betrachtete sein im Schlaf entspanntes Gesicht.
Wenn er wieder aufwachte würde er sie vielleicht schon nicht mehr berühren können.
Ein Stich fuhr ihr durchs Herz, als ihr klar wurde, dass er sie dann wohl wieder auf Abstand halten würde.
Zu ihrer eigenen Sicherheit.
Nur war ihr die herzlich egal, wenn sie mit ihm zusammen war. Aber das durfte sie ihm nicht sagen. Es würde ihn nur dazu bringen sich ihr nie wieder zu nähren.
Um sie zu schützen. Und sie hatte ihm etwas versprochen, ebenfalls um sie zu schützen.
Schweren Herzens legte sie ihre Hände um seinen Kopf, hob ihn vorsichtig von ihrem Schoss herunter und bettete ihn sanft ins Gras. Dann stand sie auf, klopfte sich den Dreck von der Kleidung und entfernte sich.
Sie lief einmal um den See herum, bis sie am anderen Ufer war, wo sie sich im Schatten der Bäume verborgen ins Gras setzte.
Von hier aus konnte sie Kay sehen, ein Schemen im Gras, von ihm aber nicht gesehen werden.
Eine Wächterin über seinen Schlaf, dachte sie, leicht lächelnd, als sie sich gegen den Baum hinter sich lehnte.
~~
Die Zeit verging und Kay wachte und wachte nicht auf. Penny wurde unruhig, denn eigentlich sollte sie jetzt im Unterricht sein...Entschlossen stand sie schließlich auf und lief zu ihm herüber. Sie beugte sich über ihn, betrachtete einen Moment lang die im Schlaf friedlichen Gesichtszüge und rüttelte ihn dann sanft an der Schulter.
"Kay, aufwachen. Es ist Zeit in den Unterricht zu gehen, du Schlafmütze."

Kay schlief so tief, dass er nicht einmal träumte. Die Erschöpfung sorgte dafür, dass Penny mehrere Minuten brauchte, um überhaupt zu ihm durchzudringen. Erst dann bemerkte er, dass jemand ihn berührte. Er fuhr hoch und starrte Penny so entsetzt an, dass ein Außenstehender vermutlich gelacht hätte. "Bist du wahnsinnig?" Er wusste, er sollte nicht schreien, doch er konnte nicht anders. "Du - du hast mir versprochen wegzugehen!" Er setzte sich auf, hastig überprüfte er seine Arme und alles andere, was man von seiner Haut sehen konnte. Kein Strom. Glück gehabt.

Yala schlenderte den Weg am Ufer entlang, kostete ihr Schauspieltalent aus und erblickte in der Ferne Penny und einen Jungen - Ayas Tagebuch nach wahrscheinlich Kay. Ayannah wäre vermutlich nicht zu ihnen gegangen, aus angst zu stören, doch Yaleen beschloss, diese eine Abweichung vom Charakter ihrer Schwester, spiele keine so groß Rolle. Sie näherte sich den beiden und wunk. "Hallo!"

Penny sah ihn ein wenig erschrocken an, als er sie so heftig anfuhr. Aber er hatte Recht. Sie hatte es ihm versprochen. Sie biss sich auf die Lippe und sah zur Seite. "Ich war weg" Was im eigentlichen Sinne nicht gelogen war. "Ich dachte nur, du würdest dir vielleicht gerne den Ärger ersparen nicht zum Unterricht aufzukreuzen. Tut mir Leid. Wirklich."
Sie blickte ihn zerknirscht an und wandte sich schließlich ab, um zum Unterricht zu gehen, als sie eine Stimme hörte.
Rasch drehte sie sich wieder um und erblickte zu ihrer Überraschung Ayannah.
"Oh, hi", meinte sie etwas überrumpelt.

"Der Unterricht ist schon vorbei.", log Yala, die Pennys letzte Worte aufgeschnappt hatte. Unsicher sah sie zwischen den Beiden hin und her. "Ich hoffe, ich störe nicht?"

Kay fuhr sich durch die vom Schlaf zerzausten Haare. Sie waren mit Sand verklebt und sein Kopf dröhnte, weil er in der Sonne gelegen hatte. Seltsamerweise fühlte er sich jetzt noch erschöpfter, so als hätte er gar nicht geschlafen.
Sag was, sag was, sag was!, drängte seine innere Stimme, als Penny sich abwandte, aber er wusste nicht, ob es das nicht nur noch schlimmer machte. Die friedliche Stimmung von vorhin war längst verflogen. Du hättest tot sein können... Warum zum Teufel sprach er es dann nicht aus?

Penny rang sich ein Lächeln ab, schließlich konnte Ayannah nichts dafür in so eine Situation reingeplatzt zu sein. "Nein, keine Sorge"
Der Unterricht war vorbei? Dann war das Wecken von Kay umsonst gewesen, das Provozieren seines Ärgers und außerdem würde es vermutlich auch noch ein Nachspiel haben, nicht zum Unterricht erschienen zu sein.
Toll.

"Na toll.", grummelte Kay und kreuzte die Beine, sodass er im Schneidersitz saß. "Ich penn nie wieder hier." Seine Haare waren mit nassem Sand so verklebt, dass er sie mit den Fingern nicht auseinander bekam. "Und wie krieg ich das wieder raus?" Trotz allem war er nicht halb so schlecht gelaunt, wie er es sein sollte. Immerhin war seine Fähigkeit noch nicht zurückgekehrt, denn offensichtlich hatte er nicht lange genug geschlafen, um sich zu erholen. Allerdings stand er auch nicht mehr kurz vor dem Zusammenbruch; das war doch was!
"Oh hey, Aya.", sagte er, als er Aya bemerkte. "Was machst du denn hier?" Verschlafen wie er war, hatte er nicht mitbekommen, dass der Unterricht längst vorbei war.

Yala grinste ihn an - es war doch witzig anzusehen, wie er mit seinem Haar kämpfte - und wiederholte: "Der Unterricht ist schon vorbei, aber ich glaube, ihr habt nicht viel verpasst." Sie zuckte mit den Schultern.

Trotz der ursprünglich ernsten Situation, musste Penny nun über Kay lachen, denn er sah einfach süß aus, total verschlafen und seinen verklebten Haaren kämpfend.
"Lass mich mal", meinte sie schließlich, leicht kopfschüttelnd. Das konnte man ja nicht mitansehen. Sie setzte sich hinter ihn, froh darüber, dass seine Fähigkeit trotz des Schlafes noch nicht zurückgekehrt war, und begann mit einer Engelsgeduld jede Haarsträhne vorsichtig auszulösen, bemüht nicht daran zu ziehen.

"Achso.", sagte Kay verschlafen. Dann zuckte er unwillkürlich zusammen und hob eine Hand, um Penny zurückzuhalten. "Nicht - "
Er hatte geschlafen. Auch wenn es ihm nicht so vorkam, er war jetzt ausgeruhter als vorhin. Er konnte nicht wissen, wann seine Fähigkeit zurückkehren würde. Er wollte das nicht riskieren, auch wenn es bedeutete, dass Penny vielleicht wieder enttäuscht sein würde.
Wie war die Welt doch noch einfach gewesen, als alle ihn für ein Arschloch gehalten hatten.

Penny ließ ihre Hand, die sich gerade noch mit den wirklich störischen Strähne beschäftigt hatte wieder sinken. Innerlich seufzte sie. Da war sie also wieder, diese Berührungsangst.
Natürlich, sie verstand wieso, es war gefährlich, denn sie wussten nicht, wann Kays Fähigkeit zurück kam.
Aber trotzdem spürte sie diesen irrationalen Stich im Herzen.

"Was für ein schönes Wetter.", meinte Yaleen, streckte sich und sah blinzelnd zur Sonne auf. Sie musste nicht umbedingt gute Konversation führen - wollte nur anmerken, dass sie ebenfalls da war, und eigentlich nicht nur, um den beiden beim Turteln zuzusehen. Mit diesen beiden abzuhängen sollte ihr schließlich auch etwas bringen. Vielleicht konnte sie die beiden über Aya aushorchen, auch wenn das vermutlich schwer wäre, schließlich gab sie selbst vor, Aya zu sein!
"Wisst ihr, welche Unterrichtsstunde als nächstes dran ist?"

"Vermutlich hab ich nen Sonnenbrand.", sagte Kay missmutig. Er rieb sich die schmerzende Stirn. Eigentlich war er gar nicht so schlecht gelaunt, aber vielleicht hielt das Penny auf Abstand.
"Also ich für meinen Teil entscheide mich dafür, dass es egal ist und gehe stattdessen schlafen.", sagte er. "Oder darfst du das als Schülersprecherin nicht zulassen, Aya?" Jetzt stahl sich doch ein Grinsen auf sein Gesicht.

"Ach, das geht schon.", erwiderte Yaleen gönnerhaft. Ha! Ihre Schwester Schülersprecherin? In ihrem Kopf nahmen verschiedene Pläne mehr und mehr Gestalt an. "Schließlich spreche ich für die Schüler." Sie erwiderte Kays Grinsen.