cf: Eingangshalle

Es war nicht schwer für Lucian gewesen, die Küche zu finden. Denn bereits in der Eingangshalle hatte er kurz den Gebäuderiss eingehend studiert. Darum verlief er sich auch nicht, als er den Gang entlang ging vorbei an dem Essenssaal. Er öffnete die kleine Holztür und trat ein. Die Küche war groß und geräumig. Kein Küchenpersonal war zu sehen. Aber es gab einen wirklich großen Kühlschrank und dort ließ sich sicherlich etwas finden. Neugierig suchte er nach drei Brötchen. Für Leah wollte er gleich etwas mitmachen. Auch wenns ie ihm nicht folgen würde, würde er ihr etwas machen und es ihr nachher geben. Er war kein schlechtes Wesen.
Es dauerte nicht lange und er hatte das Gesuchte gefunden, ebenso wie die Butter und die Salamie. Nach etwa fünf Minuten herumwerkeln waren die Brötchen fertig und er biss hungrig in eins hinein.

cf: Die Eingangshalle

Leah trottete erschöpft hinter Lucian in die Küche. Ebenso schnell, wie Leah eben wütend geworden war, war ihr Gemüt wieder abkekühlt. Sie sah sich in der Küche um und schleppte sich dann regelrecht zu den Vorratsschränken. Eine weile suchte sie darin herum, bis sie ihre Beute, eine riesengroße Tüte Trockefleisch, ein Stück Käse und ein Laib Brot, zusammen hatte.
Jetzt vollkommen erschöpft ließ sie sich an der Wand hinunter und riss mit den Zähnen die Trockenfleischpackung auf, während sie Lucian zusah wie er zivilisiert seine Brötchen schmierte.
"Weißt du? Du bist einfach zu freundlich. Das ist ekelig.", meinte Leah mit vollem Mund, denn sie hatte sich mehere Stücke Trockenfleisch auf einmal in den Mund gestopft.

Lucian hatte gewusst, dass Leah ihm folgen würde. Was hätte sie auch so ganz alleine in der Schule machen sollen? Und außerdem war er weitaus angenehmere Gesellschaft als die beiden zwielichten Typen, die draußen herumlungerten. Ganz unzivilisiert riss sie wie ein Tier an dem Fleisch herum, welches sie sich einfach herausgeholt hatte. Er schaute auf die zwei Brötchen, die vor ihm auf dem Tisch lagen. Die würde sie jetzt wohlkaum annehmen. Leise seufzte er und wollte gerade noch einmal in seinem Brötchen reinbeißen bis er abprubt inne hielt. Nachdenklich ließ er seinen Arm sinken. "So ist nun mal mein Gemüt. Dafür bist du im Gegensatz ziemlich temperamentvoll." entgegnete er lächelnd. "Aber was würde die Welt nur ohne uns freundliche Wesen machen? Ohne uns gute? Und stell dir vor, wir wären alle gleich. Zum Beispiel, es würde nur freundliche Wesen geben. Dann wäre das Leben doch langweilig, oder?" meinte er.

"Zu viel Philosophie!", murrte Leah, diesmal mit dem Mund voller Käse. "Diese ganze 'Ich-bin-ja-so-ein-reines-und-gutes-wesen-Tour' ist einfach nur zum kotzen." Sie legte die Tüte mit dem Trockenfleisch und den Käse beiseite und wendete sich dem Brot zu, von dem sie ein großes Stück abriss. "Das mit dem Temperamentvoll liegt an dem Wolfsein.", sagte sie düster und stopfte sich das Brot in den Mund. "Das habe ich mir garantiert nicht ausgesucht."

Plötzlich musste Lucian lachen. "Ich glaube, da hast du recht." erwiderte er. "Und was das Temperament angeht. So geht es auch mir. Es liegt in meiner Wesensart als Engel gut und freundlich zu sein. Aber ich glaube, es hat auch viel mit unserem wahren Ich zu tun. Aber du hast recht. Viel zu viel Philosophie." meinte er lächelnd und zog sich einen Stuhl heran. "Wenn du noch Hunger hast, kann ich uns auch etwas Warmes kochen." bot er ihr freundlich an und setzte sich auf den Stuhl.

Sie deutete mit dem Brot auf Lucian. "Hör einfach auf damit, okay?", knurrte sie, was eindeutig die Wirkung dadurch verlor, dass sie schon wieder an einer Ladung Trockenfleisch kaute. Sie hatte ja auch seit Tagen nichts mehr gegessen. "Das hier mein Lieber ist die Realität. Nicht der Himmel. Hier kämpft jeder alleine um sein Überleben. Das heißt du fragst mich nicht, ob du mir und dir etwas zu essen kochen sollst. Du fragst mich nichts. Wenn du noch mehr Hunger hast, dann such dir was zusammen, aber versuch nicht mich mitzuversorgen." Sie griff wieder in die Trockenfleischtüte. "Und du nimmst mir kein Essen weg. Das würde ich dir auf keinen Fall raten."

Lucian schaute sie perplex an. Beschwichtigend hob er die Hände, abermals. "Bleib ganz ruhig, Wolfsmädchen." Der Spitname passte perfekt zu ihr. "Ich habe keinen Grund, dir essen wegzunehmen. Warum sollte ich auch? Hier gibt es genug." Er machte eine allumfassende Armbewegung. "Aber wie du willst. Dein Wort sei mir Befehl." Dann schwieg der Engel. Kaute ganz ruhig an seinem Brötchen weiter. "Aber wenn du etwas möchtest, frag mich ruhig. Das Angebot bleibt bestehen. Du musst mir keine Gegenleistung zahlen." sagte er noch einmal knapp, bevor er wieder hastig in sein geliebtes Brötchen biss.

"Das wäre auch das letzte was ich tun würde, glaub mir.", murmelte Leah, doch sie wusste, dass er sie gehört hatte.
"Pf.. Warum solltest du mir was wegnehmen. Keine Sorge ich habe auch nicht ernsthaft daran gedacht. Du bist ein Engel. Eher würdest du dir den Arm abschneiden, bevor du mich verhungern lässt.", schnaubte sie. "Aber es könnte ganz schnell passieren und hier ist alles leer." Bedauernt schaute sie in die Trockenfleischtüte in der nur noch ein letztes Stück lag. Wehmütig betrachtete sie es und schob es sich dann achselzuckend in den Mund.

Lucian schnaubte leise. Er hatte sehr wohl Leahs Worte gehört. Doch obwohl ihre Worte an seinen Nerven zerrten, blieb er gelassen und ruhig. Er war ein eher stiller Genosse und keine Worte der Welt konnten ihm etwas anhaben. So schnell war er nicht gereizt. Freundlich sein war sein oberstes Gebot.
"Warum? Wir sind doch gerade mal zwei Personen? Soviel können wir beide gar nicht an einem Tag vertilgen." sagte er nachdenklich. Er widerstand noch einmal dem Drang, zu fragen, ob er etwas kochen sollte. Doch das würde seine Gesprächspartnerin noch mehr reizen. Und ein gereizter Werwolf war nicht unbedingt gut.

"Du nicht. Ich schon.", sagte Leah, nachdem sie den letzten Bissen Brot hinuntergeschlungen hatte. "Wenn es nach mir ginge könnte ich jetzt noch ein Rind vertilgen. Man habe ich lange nichts mehr gegessen." Sie rechnete an den Fingern zurück. Fünf, Sechs Tage musste das schon her sein, schließlich waren sie und Seth ein paar Wochen unterwegs gewesen und es hatte nich jeden Tag etwas zu essen gegeben.
"Oh man. Jetzt noch ein schönes saftiges, blutiges Steak. Und Kartoffeln." Sie seufzte und lehnte den Kopf mit geschlossenen Augen an die Wand.

Lucian reckte leicht eine Augenbraue in die Höhe. Er wusste zwar, wieviel sie aß. Das hatte er eben schon mitbekommen. Schließlich hatte es nicht mal fünf Minuten gedauert, wo sie ihr Essen aufgefuttert hatte. Aber dass sie wirklich so viel aß, konnte er sich nun wirklich nicht vorstellen. Doch wer wusste schon, wann sie das letzte Mal etwas zwischen die Zähne bekommen hatte. Denn sie wirkte ziemlich ausgehungert.
Er bewegte die Lippen um etwas zu sagen, ließ es jedoch bleiben. Doch dann hatte er eine wunderbare Idee. Mochte vielleicht fies sein. Aber was solls ... Aus dem Kühlschrank nahm er etwas Fleisch und Kartoffeln. Aus einem der Schränke nahm er eine Pfanne, schüttete etwas Pflanzenöl rein und stellte diese auf die angemachte Hertplatte. Es dauerte nicht lange und das Fett war erhitzt. Unterdessen salzte und pfefferte er das große Steak und legte es in die Pfanne. Es bruzelte vor sich hin und der leckere Geruch erfüllte den Raum. Während das Steak garr wurde, schnitt er die Kartoffeln zurecht und gab alles in einem Topf, wo bereits Wasser drin war. Dazu gab er etwas Kümmel und stellte auch diesen Topf inklusive Deckel auf eine zweite, angemachte Herdplatte. Nach etwa 15 Minuten war alles fertig und er gab es auf einen großen Teller. Einen kurzen Blick warf er auf Leah. Nur um ihre Reaktion zu sehen.

Leah blieb mit geschlossenen Augen sitzen und verließ sich nur noch auf ihr Gehör, wodurch sie wahrnahm wie Lucian aufstand. Ihr war ziemlich klar, dass er jetzt das Steak und die Kartoffeln kochen würde. Er war schließlich ein Engel. Leah wollte etwas sagen, aber der Geruch von zerlassener Butter und dem Steak erfüllte sie Küche und so saß sie nur schwach da und tat nichts, außer wie mit allen Sinnen diese Köstlichkeit aufzunehmen. Als Lucian fertig war, ließ sie ihre Augen immer noch geschlossen. "Ich hoffe das das nicht für mich ist.", knurrte sie schwach, doch eigentlich hoffte sie genau das.

Lucian musste leicht grinsen als er den Teller auf den Tisch stellte und sich direkt davor setzte. Wachsam folgte er ihren Bewegungen. "Nein, natürlich nicht. Wie du gesagt hattest: Das hier ist die Realität, nicht der Himmel. Hier kämpft jeder alleine um sein Leben und ich darf dich nicht frage, ob ich uns was koche. Und wenn ich Hunger habe, dann suche ich mir was zusammen und versorge dich nicht mit." zitierte er ihre Worte und schnitt sich etwas von dem Steak ab. Es sah wirklich köstlich aus.

"Dann ist ja gut.", murmelte sie sie schwach und versuchte sich nicht auf den Geruch zu konzentrieren. Stattdessen kam ihr eine Idee. Wenn sie... Gespielt angestrengt vermiet sie den Teller anzuschauen und rieb sich den Bauch, als würde er vor Hunger schmerzen. Jetzt dürfte es nur noch ein paar Minuten dauern. Schließlich war dieser Engel ein Reiner Engel und es war schon irgendwie erstaunlich, dass er sie so aufzog, wobei sie ja auch in gewisser Weise Schuld daran war. Wie auf Kommande knurrte Leahs Magen laut.

Lucian grinste und war sich durchaus bewusst, was Leah hier aufzog. Trotzdem blieb er stur und schnitt ganz langsam das Steak entzwei. Leah sollte ihn einfach fragen. Einfach ein Wort sagen und er würde ihr das Essen geben. Denn auch so schwer es ihm fiel, er hielt sich an Versprechen. So war er nun mal. Er spießte ein wenig Steak auf seine Gabel und schob sich das Stückchen Fleisch in den Mund. Genießerisch kaute er darauf rum. Nur ein Wort ...

Leah schüttelte den Kopf um den leckeren Geruch loszuwerden, den sie in der Nase hatte.
"Nein, ich werde dich nicht darum bitten, dass ich etwas abhaben kann.", sagte sie deutlich und seufzte. "Unter normalen umständen hätte ich es dir längst geraubt. Aber jetzt bin ich gerade zu schwach um mir auch nur eine neue Trockenfleischpackung zu holen. Aber es wäre nett von dir, wenn du mir eben eine Decke holen könntest, damit ich es hier etwas bequemer hätte."

Lucian hörte auf zu essen. Es war eigentlich ziemlich unengelhaft, was er da tat. "Du kannst es essen." erwiderte er und erhob sich. "Bin gleich wieder da." fügte er dann hinzu. Luc verschwand aus der Tür und machte sich auf die Suche. Es schien beinahe auswegslos. Doch im Krankenzimmer fand er endlich eine und kam zurfrieden zurück. Leah sah wirklich geschwächt aus und müde. Er breitete die Decke aus, bückte sich und legte sie ihr über den Körper, wickelte sie darin behutsam ein und setzte sich neben sie auf den Boden. Stumm starrte er gerade aus.

Eigentlich hatte Leah ihm das Essen wegnehmen wollen, als er die Decke holen ging, doch er machte alles mit seiner Aufforderung kaputt. Trotzdem nahm sie den Rest des Steaks, stopfte es sich in den Mund und lehnte sich wieder zurück an die Wand. "Siehst du?", nuschelte sie zwischen zwei Bissen, während Lucian sie einwickelte. "Das genau ist ein Fehler. Du kannst sowas nicht durchziehen. Hast duch auch ein bisschen Stolz oder opferst du das alles auf?" Sie schluckte den gekauten Rest von Steak hinunter. "Du kannst gut kochen. Muss ich mir merken."

Lucian hatte gewusst, dass sie sein Essen nehmen würde. Er lächelte leicht darüber. "Über meinen Stolz brauchst du dir keine Gedanken machen. Außerdem weiß ich genau, was ich tue. Ich helfe gerne anderen Wesen. Vielleicht solltest du auch einmal Hilfe von anderen annehmen und deinen Stolz überwinden." schlug er ihr vor. Dann lachte er. Rau und tief. "Danke, ich hatte aber auch 500 Jahre, es zu lernen." erwiderte er grinsend,

"Ich nehme gerne Hilfe von anderen an, solange es mich nicht in meinem Stolz ankratzt.", sie lachte ebenfalls. "Das Wolfsgen veranlasst mich zu denken, dass, wenn ich mein essen nicht selbst fange, ich entweder krank oder unfähig bin. Und da ich nicht krank bin..." Sie zuckte mit den Schultern und ließ nur die logische Schlussfolgerung im Raum stehen. "Klar hilfst du anderen Wesen gerne... Du bist ja auch ein... Engel.." Sie schüttelte den Kopf, als hätte sie etwas viel zu süßes im Mund.

"sieht man ja." murmelte er leise und positionierte sich nun so, sodass er im Schneidersitz saß und sie anschaute. "Aber du bist schwach und das ist fast mit krank sein zu vergleichen." entgegnete er ernst. Seine dunklen Augen schienen sie beinahe zu durchbohren. "Und sprich bitte meine Wesenart nicht so aus als wäre es etwas schlimmes." meinte Luc ein wenig enttäuscht. Aber was erwartete er von einem Wolfsmädchen? Dankbarkeit? Wohl kaum.

Leah drehte ihre Augen zur Decke. "Das ist es doch nicht. Ich finde Engel nicht...schlimm." Sie schälte sich langsam aus der Decke, denn sie war eigentlich schon viel zu lange Wolf. Sie musste unbedingt nach Seth sehen. "Engel sind halt nur... Engel. Nicht das Gegenteil von uns Wölfen, aber ... mich stößt einfach dieses süßliche freundliche ab, okay?" Mit diesen Worten, versuchte sie sich aufzurichten und nahm die Wand zur Hilfe. "Ich muss mich eben verwandeln.." Sie fing an sich das Hemd über den Kopf zu ziehen und sprach so in das Hemd weiter, sodass der Rest sich etwas genuschelt anhörte. ".. Ich muss nach meinem Bruder sehen, er ist auch gerade in Wolfsform." Sie zog sich das Hemd komplett aus und schmiss es Lucian in den Schoß. "Keine Streicheleinheiten oder Bestechungen mit Essen, wenn ich ein Wolf bin, okay?" Sie wandte sich ab und konzentrierte sich. Die Finger und Hände wurden zu Pfoten und Krallen, ihr graues Fell spross hervor und ihre Ohren spitzen sich zu, bis sie als grauer Wolf dastand. Ziemlich erschöpft. Mit wackeligen Beinen ging sie zurück zu ihrer Decke, gegenüber von Lucian und legte sich darauf nieder. Seth? Bist du da?

Leahs Ohren zuckten, als sie nach wenigen Stunden Schlaf wieder wach wurde. Schläfrig öffnete sie ihre Wolfaugen und streckte ihre Beine von ihrem Körper. Sie gähnte einmal und rappelte sich dann auf. Mit noch etwas verschleiertem Blick schaute sie sich um. Sie war in der Küche dieser Schule und in der Nähe auf einer Decke lag ein Engel. Die Uhr zeigte acht Uhr an und träge begann Leah sich in Richtung der Vorratsschränke zu schleppen um sich etwas zu essen zu holen. Seth hatte sich in den Morgenstunden wieder verwandelt, denn zu hoch war das Risiko, dass die Mordo Fea ihm verboten sich zu verwandeln. Mit ihrer Tazte öffnete Leah die Tür des Schrankes und schnüffelte darin herum, bis sie eine Tüte Trockenfleisch fand die sie zurück zu ihrer Decke trug, wo sie angfing die Tüte mit ihren Zähnen zu öffnen.

Lucian war traumlos eingeschlafen. Anstatt einer Decke hatte er sich mit seinen Flügeln zugedeckt. Sie hielten die Kälte fern und wärmten ihn schön. Leah hatte es sich auf der Decke bequem gemacht und lag etwas weiter von ihm entfernt.
Der Engel hörte ein Rascheln. Irgendjemand zerriss eine Tüte. Ganz langsam öffnete er die Augen. Erst war sein Blick verschleiert. Dann klärte er sich und er schaute sich um. Langsam sickerten die Erinnerungen wieder durch. Er befand sich in der Küche mit dem Wolfsmädchen Leah. Sie lag dort als Wolf auf der Decke und zerriss eine Tüte Trockenfleisch. Er streckte sich ein wenig und setzte sich dann auf. Müde rieb er sich über die Augen und versuchte seine Haare zu ordnen. Leider vergeblich. Denn seine Haare standen wirr von seinem Kopf ab. "Guten Morgen." begrüßte er Leah.