Alysha sah überrascht auf, als sie angesprochen wurde. Es war der Junge von vorhin und ja, es schien wirklich ein Junge zu sein, trotz des etwas weiblichen Aussehens. Schließlich konnte sich Al nicht vorstellen, dass ein Mädchen Konstantin hieß.
"Alysha.", stellte sie sich mit leiser, aber klar vernehmbarer Stimme vor. Sie klang leicht verwirrt. Ach, das hatte er sagen wollen. Aber sie hatte doch gar nicht danach gefragt. Nicht direkt jedenfalls. "Ja..., wobei ich nicht danach fragen wollte.", erwiderte sie. "Ich dachte nur..., ich könnte dir vielleicht helfen. Mit dem Wetter." Zögernd sah sie den Jungen an. Trotz allem, was sie seit ihrem letzten Besuch auf der Schule erlebt hatte, war es neu für sie, anderen auf diese Art zu helfen. Wenn sie es denn konnte.

Seit seine Mutter gestorben war, hatte Konstantin eine etwas düstere Ausstrahlung. Vorher schon hatte er zwar versucht, durch seine Kleidung und seine Frisuren sich von seinem Vater und allgemein seiner 'Familie' abzugrenzen und schlug dadurch schon in eine recht düstere Richtung, aber der Tod seiner Mutter hatte ihn noch stiller und durchaus auch melancholischer werden lassen. Ganz zu schweigen davon, dass er kaum mehr wirklich gelacht hatte, seit sie umgebracht worden war.
Sie hieß also Alysha, ein sehr schöner Name. Und vorhin hatte er sie wohl einfach falsch verstanden. Gut, soetwas kam vor. Es war nicht schlimm, wenn sie von seiner kleinen Sehschwäche wusste. Er würde vielleicht nie die Sonne auf dem Meer glitzern sehen oder ein goldenes Weizenfeld in der Mittagssonne. Aber damit konnte er leben. Sie war wohl ein wenig verwirrt und verschüchtert, der Drache entschied sich einfach, freundlich zu bleiben. Nur, wie meinte sie ihre Aussage, ob sie ihm mit dem Wetter helfen konnte? Die Sonne schien nun mal, daran konnte und wollte Konstantin nichts ändern. Die Sonne war schließlich wichtig für alle Lebewesen und die Leute freuten sich nun mal, wenn sie schien. "Es ist sehr freundlich von dir, mir helfen zu wollen, aber wie meinst du das? Wie willst du mir mit dem Wetter helfen?" Jetzt hatte sie doch seine Neugier geweckt.

Alysha warf einen schnellen Blick nach draußen. Es war wirklich sehr hell heute, aber immerhin hatten sie August, da war das kein Wunder. Später, am Nachmittag würde es mit Sicherheit unbarmherzig heiß werden.
Sie schlug ihr Buch zu und benutzte die paar Sekunden, die das dauerte, zum Nachdenken. Wie erklärte sie am besten ihre Gabe. Ich kann das Wetter kontrollieren, verändern. Das klang so abgedroschen und es passte ihr nicht. An manchen Tagen könnte man genauso gut behaupten, dass das Wetter sie kontrollierte und nicht umgekehrt. Am besten sie zeigte es einfach. Prüfend horchte sie in sich hinein. Darrens Unterricht hatte sie Kraft gekostet, aber nicht so viel, dass sie auch nur am Rande der Erschöpfung stand. Also kein Problem.
"In etwa so." Al konzentrierte sich. Im selben Moment verdunkelte sich der Himmel, denn schlagartig waren Wolken aufgezogen, die die Sonne verdeckten. Sie lächelte. Kein Regen diesmal, auch wenn sie ihn mochte. Es fühlte sich gut an, dass es wenigstens eine Konstante in ihrem Leben gab, wo sie doch alles andere verloren hatte. Und sie hoffte, dass sie Konstantin hatte helfen können. "Ist es jetzt besser?", fragte sie halb neugierig, halb besorgt.
Alysha stand auf und packte ihre Schreibsachen zusammen. Sie passten gerade so in ihre kleine Tasche, zusammen mit dem neuen Buch. Es war wohl an der Zeit eine neue zu kaufen...

Vorsichtig stützte Mira sich am Tisch ab und stand auf. Das Buch klemmte sie sich einfach unter den Arm. Die Aufgabe darin hatte sie mehr oder weniger nur in ihrem Kopf erledigt.
Manchmal hatte sie das Gefühl unsichtbar zu sein und es kam ihr gerade recht. Es war anders als früher in der Schule. Schon da hatte sie sich gewünscht, manchmal einfach verschwinden zu können. Jetzt beachteten die anderen sie so wenig, dass ihr Traum wohl wahr geworden war.
Wohin ging es nun? Der Unterricht war anscheinend vorbei, wenn sie Leena noch einmal besuchte, würde sie vermutlich sterben und sonst kannte sie hier keinen. Gab es schon Essen? Essen war immer eine gute Idee. Mira beschloss nachzusehen.
Stumm humpelte sie aus dem Klassenzimmer.

So im Alltag brauchte Kostja eigentlich kaum Hilfe, höchstens wenn es um eben solche Leseangelegenheiten ging. Aber meistens konnte er sich drumherum mogeln. Wobei, was hieß mogeln? Er sah eben anders als andere, wie es Fledermäuse taten. Er hörte, wie es um ihn aussah und das reichte völlig aus, um sich sicher und ohne Probleme orientieren zu können. Er stieß nirgends an und differenzierte mittlerweile sogar feinste Bodenunebenheiten. Niemand erkannte auf den ersten Blick, dass er an bestimmten Tageszeiten nichts sah. Und wenn er es nicht dem Lehrer gesagt hätte, dannwäre es weder ihm noch irgendjemandem sonst aufgefallen. Nun, jetzt war es auch zu spät und er bereute es auch nicht wirklich. War doch nicht schlimm, er verheimlichte es nicht.
Als sich dann auf einmal der Himmel verdunkelte und sich seine persönliche Welt erhellte, sah er doch überrascht auf. Wie war das denn so schnell passiert? Vorhin war doch noch strahlend blauer Himmel gewesen. Doch hatte das Mädchen nicht gesagt, es wollte ihm helfen. Seine Verblüffung sah dem sonst neutralen Gesicht allerdings doch ziemlich an. "Ja, es ist besser. Danke" Er blinzelte. Es war nicht so wie am Abend, aber er sah immerhin was. "Du beherrscht also das Wetter? Interessant, könnte ich manchmal gebrauchten" Der junge Drache blinzelte wieder und sah sie an. Rotbraune Haare, mehr ins Braune tendierend. Und recht dunkle Augen, wenn auch nicht so dunkel wie seine, deren Iris beinahe schwarz war. "Wirklich erstaunlich. Aber, so nett es auch ist, es ist nicht unbedingt nötig. Ich kann auch so sehen, vielleicht nicht lesen, aber sehen. Lass die Sonne ruhig wieder scheinen, die Menschen freuen sich immer darüber" Wieder lächelte er. "Kannst du mir vielleicht helfen? Ich weiß nicht, welche Stunde als nächste ansteht. Weißt du es zufällig?"

Alysha zuckte mit den Achseln und tat so, als würde sie eingehend die graue Wolkendecke studieren. "Es ist noch nicht lange her, da konnte man es nicht "beherrschen" nennen." Das ist jetzt vorbei... Und doch wünschte sie sich tatsächlich manchmal die stürmischen Zeiten zurück. Sie hatte sich oft schrecklich gefühlt, ja, sie hatte sich gehasst für das, was sie den Menschen antat. Doch dann war da die Zeit mit Eleyn gewesen. Und es wurde besser.
Als sie sie zurückgeschickt hatten, sagten sie ihr, dass sie Eleyn jetzt nicht mehr brauchte. Doch Al fühlte es nun mehr denn je: Das war eine Lüge.
"Aber zögere nicht zu fragen. Ich helfe gerne aus." Alyshas Augen huschten zurück zu dem Jungen. Zurück ins Jetzt. "Manche Menschen mögen auch den Regen, weißt du?" Er erinnert uns an die, die wir verloren haben... Al lächelte traurig.
Sie seufzte und konzentrierte sich. Wenn sie wollte, dass es wieder aufwärts ging, musste sie sich mit all den Dingen, die sie bisher unterdrückt hatte, auseinandersetzen. Aber das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
"Was? Unterricht?" Dieselbe Frage hatte sie gerade schon Tila gestellt, aber sie beantwortete sich von selbst, als eine Durchsage ertönte. "Kein Unterricht mehr, offenbar." Alysha lächelte schief. Dann wurde sie wieder ernst. "Darf ich dich... noch etwas fragen?"

Alysha war ihm recht sympathisch, zumindestens schien sie ihm aber hilfsbereit zu sein. Eigentlich mochte Konstantin es nicht, wenn alle ihn wegen seiner Augen gleich bei den einfachsten Dingen helfen wollten, die er sehr gut allein hinbekam. Aber seine Mitschülerin hatte nur helfen wollen, klar sie wollten alle helfen. Aber in dem Fall von Alysha wäre es sogar ganz nützlich gewesen, schließlich hätte der Lehrer nicht extra den Raum verdunkeln müssen. Es war wirklich interessant, jemanden zu treffen, der das Wetter beherrschte, so etwas hatte Konstantin bis jetzt noch nicht erlebt. Er hatte von seiner Mutter erfahren, dass es mitunter Luftdrachen gab, die einen gewissen Einfluss auf das Wetter hatten. Allerdings eher in Form von Stürmen. Offenbar hatte Alysha eine Weile gebraucht, bis sie es so konnte, wie sie es jetzt konnte. Konnte er verstehen, er hatte ein ganzes Jahr gebraucht, bis er seine Drachenkräfte kontrollieren konnte.
"Wenn ich wirklich Hilfe brauchen sollte, dann werd ich schon fragen, danke für das Angebot" Allerdings nahm er selten, äußerst selten wirklich Hilfe an. Er war es nicht so recht gewohnt, Hilfe zu bekommen. "Ich beschwere mich nicht über Regen, aber so plötzlich könnte es vielleicht die Menschen verwirren" Das war eigentlich seine Hauptsorge, wenn man es denn so nennen könnte. Obwohl es ihm recht egal sein konnte.
So, es gab also keinen Unterricht mehr heute. Auch gut, ihn sollte das nicht stören. Dann konnte er ja bald zu Tuman, eine Reitrunde würde ihm guttun. Und der Hengst war sehr energiereich, der würde ein wenig Bewegung brauchen. "Natürlich, frag ruhig" Endlich mal jemand, der die richtigen Fragen stellte.

Alysha lachte kurz auf. "Als ob das Wetter nicht auch so machen würde, was es wollte. Ich trage da nur einen kleinen Teil dazu bei." Außerdem wunderten sich die Menschen immer - oder nie, je nachdem, was für ein Typ Mensch sie denn waren.
"Aber ich weiß, dass es nicht ewig so bewölkt bleiben kann..., das wäre nicht gut." So gern Alysha auch half, es musste irgendwann Sonnenstunden geben. Das Wetter war etwas, das nicht nur sie und Konstantin betraf. Sondern die ganze Welt. Und auch wenn sie es nur in einem vergleichsweise kleinen Radius veränderte, so würde es doch die anderen Schüler ermüden immer nur Regenwolken zu sehen. "Naja, sieh es als Möglichkeit - für Notfälle." Al schenkte Konstantin ein kleines Lächeln.
"Was ich fragen wollte... - ich hoffe, ich bin nicht zu neugierig -, du wirktest gerade nicht so, als wärst du fast blind. Wie orientierst du dich bei Sonnenschein?"

Da hatte Alysha allerdings auch wieder recht, das Wetter machte ja manchmal ohnehin, was es wollte. Im ersten Moment konnte strahlender Sonnenschein herrschen, im anderen konnte ein Platzregen runterkommen. Insofern war der kleine Wetterumschwung eventuell nicht so schlecht. Er stimmte in ihr Lachen mit ein und fand es schon sehr nett, dass sie ihm so bereitwillig half. "Trotzdem war es sehr nett von dir, mir helfen zu wollen. Und das mit dem Wetter ist eigentlich ganz hübsch. Immerhin kann dir so niemand dein Picknick verderben" scherzte er sogar ein wenig. Und er hätte bei dem einen oder anderen Sprungturnier ein bisschen Bewölkung gebrauchen können. Aber jetzt konnte er das auch nicht ändern und außerdem war es Manipulation und das war wiederrum gegen die Regeln.
Ihre Frage hatte er schon irgendwie erwartet. Die meisten fragten ihn das. Er lächelte einfach nur, bevor er ihr antwortete. "Genauso wie Fledermäuse, per Echolot. Ich kann Ultra- und Infraschallwellen erzeugen und die werden dann von allen materiellen Dingen reflektiert. Die Reflektion kommt dann bei mir an. Es muss nicht unbedingt Ultra- oder Infraschall sein, es geht auch im hörbaren Bereich. Ich höre sozusagen, wohin ich gehe und damit orientiere ich mich, wenn meine Augen versagen. Gute Trick, was?" Da entlockte sie ihm sogar ein kleines Grinsen. "Die meisten merken es nicht mal, ich bewege mich ja genauso wie sie. Ich gehe sogar reiten und meine Lehrer haben es jahrelang nicht gemerkt. Apropos reiten... ich wollte gerade los, ich habe ein Pferd hier und wollte gern hin. Möchtest du mitkommen?" Es war vielleicht eine gute Gelegenheit, jemanden aus seiner Klasse kennenzulernen und vielleicht Freundschaften zu knüpfen.

Tila erhob sich von ihrem Stuhl und presste ihr Buch an die Brust.
"Tschüss, dann.", sagte sie zu Alysha und schenkte auch Konstantin ein scheues Lächeln. "Man sieht sich bestimmt noch."
Sie würde jetzt schreiben üben, vielleicht würde sie dann in der nächsten Stunde bereits etwas besser sein.
"Piep!", rief sie und der kleine Vogel, der von einem Schrank aus das Klassenzimmer beobachtet hatte, ließ sich flügelschlagend auf ihrer Schulter nieder.
Tila --- Wohnblock3

"Wiedersehen, Tila." Alysha lächelte leicht, während sie dem kleinen Mädchen hinterhersah. Es erinnerte sie an sich selbst, als sie noch jünger gewesen war. Jedoch wirkte Tila immer noch... glücklicher.
Als Konstantin einen Kommentar über Picknicks fallen ließ, zuckte sie nur mit den Achseln. "Es ist nicht so, als ob ich jemals an einem Picknick teilgenommen hätte." Es hatte sich nie ergeben.
Die Antwort auf ihre Frage beeindruckte sie dann doch. "Wow. Das ist... unglaublich." Für sie wäre es ein Alptraum nichts zu sehen. Nur durch Hören zu wissen, wo man war und wie die Umgebung aussah, überstieg ihr Vorstellungsvermögen.
Und sie hatte nicht einmal bemerkt, dass Konstantin fast blind war...
"Reiten?" Mit Pferden hatte Alysha nie viel am Hut gehabt, früher. Sturm machte sie scheu. Dementsprechend überrascht war sie, als der Junge sie fragte, ob sie mitkommen wollte. Al seufzte. Sie war die Menschen nicht mehr gewöhnt. Hatte fast nur mit Vivalie und Delayne zu tun, die nicht gerade sehr aufgeschlossen waren gegenüber Leuten, die sie nicht kannten. Da war es leicht zu vergessen, dass nicht jeder so dachte. Aber hey, sie hatte sich für das Leben und gegen den Tod entschieden, also gehörte so etwas wohl dazu.
"Okay, warum nicht.", antwortete Alysha entsprechend. "Ich kann nur nicht so gut mit Pferden..."

Caleb hörte seinen Namen in der durchsage. Was war denn jetzt schon wieder? Hatte einer der schüler sich über ihn beschwert? Na ganz toll... Seufzend ging er durch den Raum. Er ahnte nichts schlimmes. Doch gleich würde etwas passieren ...

tbc: Direktion

Dem fremden Mädchen, dass sich als Tila entpuppte, nickte er freundlich zu, als es sich verabschiedete. Alysha hatte noch nie an einem Picknick teilgenommen? Nun, vielleicht konnte mal so etwas mit der Klasse machen. Damit sie mal in den Genuss von so etwas kam. Allerdings musste das sicher erstmal mit dem Direktor abgesprochen werden, ganz abgesehen davon, dass die Schüler auch mitziehen mussten. Naja, mal abwarten, was noch so passierte.
Er zuckte mit den Schultern, als sie erstaunt seine Fähigkeit als unglaublich betitelte. "Es ist weniger unglaublich, wenn man sein ganzes Leben damit verbringen muss. Ich kenne es nicht anders" Das konnte man schon so sagen. Kostja hatte schon als kleines Kind lernen müssen, wie die Fledermäuse seine Ohren statt seiner Augen zu benutzen. Und seine Mutter war es damals, die ihm dabei half.
Konstantin lächelte wieder, als Alysha meinte, sie könnte nicht gut mit Pferden. "Keine Sorge. Pferden muss man ruhig und leise begegnen und so, dass sie einen sehen können. Dann gibt es auch keine Probleme. Tuman trägt uns vielleicht sogar beide. Schön, dass du mitkommen möchtest" Er war ja zur Not auch noch da und mit Pferden konnte er ganz prima. Er packte also sein Zeug zusammen und schulterte seine Tasche. Er lächelte Alysha noch mal zu, bevor der vorrausging.

tbc: Tumans Box/Reitställe

(OMG, ich hab ausversehen im Krankenzimmer gepostet, anstatt das Klassenzimmers O.O Wie ist das bitte passiert???)

Das Klassenzimmer leerte sich zusehens, und so beschloss auch Aya, das es Zeit war, zu gehen. Sie erhob sich und lief zur Tür hinüber, doch wo sollte sie hin? Sie könnte Penny und Kay suchen - aber sie wollte sich auch nicht aufdrängen...
Ayannah -- Marmorhalle.