Hey,
naja, ich hab mir überlegt, ich stelle mal einen Ausschnitt von meinem aktuellen Buch rein (jaja, mir ist langweilig Oo)
Ich würde gern eure meinung dazu hören.
ist vll ein bischen viel...
EINE LETZTE HOFFNUNG
Dicke, graue Regentropfen hämmerten mit der Gewalt aus Armbrüsten geschossener Bolzen auf die Pflastersteine, Häuser und Dächer Ceraldons ein und kaum jemand würde jetzt noch freiwillig einen Fuß auf die Straße setzten – nicht mit dem schlimmsten Unwetter über dem Kopf, das die Hauptstadt seit Jahren heimsuchte. Die grell weißen Blitze, die über den Himmel schossen, waren das Einzige, was diese trostlose Nacht erhellte.
Für einige Menschen war diese Nacht noch trostloser, als für andere. Und Manche von ihnen hatten nicht das Glück, an einem warmen Kaminfeuer zu sitzen.
Wie auch der Mann nicht, der sich durch den Sturm kämpfte, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, und dabei fast auf dem nass glänzenden Boden ausgerutscht wäre. Er stieß einen recht anschaulichen Fluch aus und pochte mit den Fingerknöcheln gegen die nächste Haustür. Das Geräusch wurde vom Prasseln des Regens komplett geschluckt. Plötzlich fragte er sich, ob sein Klopfen wohl im Inneren zu hören gewesen war. Er hoffte es, denn gerade zu diesen Zeiten war es nicht klug, länger als unbedingt nötig auf den Straßen herumzustehen.
Doch seine Zweifel waren unbegründet, denn just in diesem Augenblick wurde die Tür einen Spalt breit geöffnet und er sah in zwei misstrauisch funkelnde grüne Augen.
„Wer ist da?“
„Ich bin es, Koryll.“ Der Mann zog die Kapuze leicht zurück. Die Augen hinter der Tür weiteten sich eine Spur und er hörte, wie der zusätzliche Verschluss im Inneren entfernt wurde, dann wurde die Tür hastig aufgerissen.
„Koryll, den Göttern sei Dank, wir dachten wir hätten dich verloren.“ Eine blasse Frau mittleren Alters stand im Hauseingang und erst jetzt erkannte er sie.
„Jill?“
„Komm rein.“, zischte sie. „Und zieh um Himmels Willen den Mantel aus. Du tropfst auf den Teppich.“ Sie sah an ihm vorbei auf die nasse Straße hinaus, als erwarte sie, noch mehr Menschen hinter ihm erkennen zu können.
„Jill. Ich bin allein gekommen.“
„Ich sehe es.“ Ihr Gesicht wirkte plötzlich noch bleicher. Dann verschloss sie die Tür mit zwei verschiedenen Schlüsseln und hängte eine schwere Kette davor. Ihre Hände zitterten dabei und an dieser Reaktion erkannte er, dass es noch schlimmer geendet haben musste, als er gefürchtet hatte. „Was ist passiert?“, fragte er alarmiert. Jill sah ihn nicht an.
„Du bist erst der Fünfte, der zurückgekehrt ist.“, erwiderte sie schließlich. „Wir hatten schon mit niemandem mehr gerechnet.“
Entsetzten stieg in ihm auf und die altbekannte, heiße Welle der Wut. Fünf… sie waren nur noch fünf.
„Anjan.“, stieß er hervor und packte Jill an der Schulter. Sie starrte ihn an, ihr Gesicht war verschlossen. „Anjan ist hier.“, sagte sie leise. „Was man von vielen anderen nicht sagen kann.“
Plötzlich standen Tränen in den sonst so bestimmten Augen. „Der Kampf war vor zwei Tagen und nur fünf von zwanzig scheinen ihn überlebt zu haben.“ Zittrig griff sie nach dem Türrahmen um sich abzustützen. „Und alles, an das du denken kannst, ist dein Bruder!“
Koryll sah sie schweigend an. „Telnar ist nicht zurückgekehrt, oder?“, fragte er dann leise. Jill schüttelte den Kopf. Glitzernde Tränen liefen ihr langsam über die Wangen hinab.
„Dann starb er im Kampf, wie er es gewollt hätte.“, meinte Koryll leise.
„Ich bezweifle, dass er sterben wollte.“ Jill kniff die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen und wandte sich ab. Es war deutlich, das sie nicht mehr darüber reden wollte. „Komm mit.“
Schweigend folgte Koryll ihr durch das Haus.
Nein, es war mehr als ein Haus. Es war das Hauptquartier der Widerstandsbewegung. Nur, das die geplante Machtübernahme vor zwei Tagen nicht ganz wie erwartet verlaufen war. Bitter dachte Koryll an den Tag zurück. Alles war wie am Schnürchen verlaufen, bis einer von ihnen in den Gängen des Palastes gegen ein Gemälde gestoßen war und es so zu Boden gerissen hatte. Das Poltern schien von den kalten Wänden verstärkt worden zu sein und hatte gespenstisch durch die leeren Korridore gehallt. Und dann war alles schief gelaufen. Die Soldaten waren auf sie aufmerksam geworden… es war zum Kampf gekommen. Gepeinigt schloss Koryll die Augen. Verflucht seien die Soldaten, verflucht sei der König! Nie hatte er den König mehr gehasst als in diesem Augenblick.
Jill führte ihn ins Wohnzimmer. An einem runden Tisch aus Eichenholz saßen zwei Männer und eine Frau, die alle mit mehr oder weniger Verzweifelten Blicken auf die Holzmaserung des Tisches starrten. Einer der Männer hob den Kopf, als sie eintraten und Erleichterung zeichnete sich auf seinen Zügen ab. Er sprang auf und schloss seinen Bruder in die Arme. „Koryll! Du lebst!“
„Anjan.“ Auch aus Korylls Stimme konnte man die Erleichterung heraushören. Er ließ sich neben ihn auf einen weiteren Stuhl sinken.
Dann ließ er den Blick über die anderen Anwesenden schweifen. Jill hatte sich leise zu ihnen gesetzt. Jetzt waren sie wirklich nur noch fünf: Anjan, Jill, Maien, Gideon und er selbst. Es war fast lächerlich…
Gideon seufzte und senkte den Kopf, wobei ihm fast die Brille von der Nase gerutscht wäre. Hastig schob er sie wieder hinauf.
„Es sind bittere Zeiten.“, murmelte er. „Sehr bitter.“ Er ließ sich in seinem Stuhl nach hinten sinken. „Es ist vorbei. Wir sind geschlagen und es wird keine weiteren Kämpfe geben.“ Anjan starrte ihn an. „Was?“, stieß er hervor. „Ihr wollt aufgeben? Der Widerstand kann sich nicht geschlagen geben!“
Jill lachte so bitter auf, das sich alle nach ihr umdrehten. „Welcher Widerstand?“, rief sie aus. „Mach dir nichts vor, Anjan. Der Widerstand existiert nicht mehr. Ich sehe nur noch fünf gebrochene Menschen, die dachten, sie könnten etwas verändern. Sie haben sich alle geirrt.“ Stille herrschte fürs Erste auf diese Ankündigung.
„Warum sagst du so etwas?“ Die junge Maien lehnte sich vor. „Wir können etwas verändern. Wir haben etwas verändert.“ Ihre Stimme klang, als glaube sie selbst nicht so recht daran und wolle unbedingt, dass jemand ihr Recht gab, ihr zustimmte und sagte, nichts was sie getan hatten, umsonst gewesen war. Jill sah sie hart an. „Wir sind fünf, Maien, was sollen wir jetzt noch tun? Wir sind geschlagen und damit ist alles zerstört, was wir uns aufgebaut hatten!“ Ihre Stimme klang unnatürlich schrill.
„Das stimmt nicht!“ Gideon schlug mit der Faust auf den Tisch, etwas das ihm die meisten nicht zugetraut hätten. Er war der Älteste von ihnen, der normalerweise nicht zu Wutausbrüchen neigte. „Habt ihr die Prophezeiung vergessen?“
Jill schnaubte. „Meiner Meinung nach haben wir viel zu sehr auf diese lächerliche Prophezeiung vertraut.“
„Du darfst nicht aufgeben, Jill! Die Prophezeiung wird in Erfüllung gehen, die Naturgeister werden uns die versprochenen Helden schicken…“
„Gideon!“, rief Jill und sprang auf. „Auch wenn sie kommen, sie kommen zu spät! Sie waren nicht da, als wir sie gebraucht haben, und auch wenn sie jetzt noch kommen, wird es uns nicht mehr helfen!“
Stille trat ein. Und tief in seinem Herzen wusste auch Koryll, das Jill die Wahrheit sprach. Es fiel ihm so schwer, das zu glauben. Wie alle anderen der Widerstandsbewegung hatte er auf die Prophezeiung der Zentauren vertraut… Jetzt, im Nachhinein kam es ihm wie eine grausame Täuschung vor. Als hätten sie jahrelang den eigenen Kopf immer und immer wieder gegen eine Mauer geschlagen, ohne es zu bemerken und ohne eine Chance, die Mauer zu durchbrechen.
„Uns vielleicht nicht mehr.“, sagte Gideon leise.
Überrascht ließ Jill sich wieder auf ihren Stuhl sinken. „Was?“ Gideon sah auf und die alte Entschlossenheit spiegelte sich in seinen Augen. „Ja“, fuhr er mit kräftiger Stimme fort. „vielleicht ist alles was wir getan haben umsonst gewesen. Vielleicht auch nicht. Vielleicht sollten wir nur den Weg für die Helden ebnen. Denn die Helden werden kommen, davon bin ich überzeugt, und ihr solltet es auch sein!“ Langsam lehnte er sich wieder zurück und ließ den Blick wachsam über sie alle schweifen.
„Ich glaube an die Helden.“, flüsterte Maien schließlich. „Weil es das Einzige ist, an das ich noch glauben kann.“
„Das ist kein Grund!“, rief Gideon zornentbrannt. „Sie werden kommen und sie werden die sechs Seiten der Natur verkörpern. Licht und Dunkelheit, Luft und Erde, Feuer und Wasser. So steht es geschrieben. So wird es geschehen.“ Er lehnte sich wieder vor, sein Blick bohrte sich eindringlich in ihrer aller Augen. „Ich will einen Schwur von euch.“, sagte er plötzlich.
„Was für einen Schwur?“, fragte Koryll. Er fühlte sich müder, als je zuvor in seinem Leben, dabei hatte diese Müdigkeit nicht einmal etwas mit dem Wunsch nach Schlaf zutun. Er fühlte sich einfach leer, wie ausgebrannt. Gideon beugte sich noch weiter vor, sofern das möglich war.
„Wenn die Helden kommen.“, flüsterte er. „Müsst ihr ihnen helfen, sie mit eurem Leben beschützen, egal was kommt. Vertraut auf ihre Fähigkeiten.“
„Gideon“, begann Maien. „was…“
„Schwört!“, befahl Gideon. „Uns bleibt nicht mehr viel Zeit.“
„Nicht mehr viel Zeit bis was geschieht?“ Anjan hob die Stimme, doch Gideon schien nicht gewillt, auf seine Frage zu antworten.
„Ich schwöre.“, sagte Koryll plötzlich. „Ich weiß nicht, warum es so wichtig für dich ist, aber ich schwöre.“
Maien warf ihm einen Seitenblick zu. „Wenn Koryll schwört, werde ich das auch tun.“
„Wenn es sein muss.“, Anjan seufzte. „Es ist ja nur ein Schwur.“
Jetzt sahen alle auf Jill. Sie hatte die Arme verschränkt, die Lippen zusammengepresst.
„Warum?“, fragte sie kalt. „Ich glaube nicht an die Helden.“
„Jill…“, begann Gideon, doch ihm wurden die Worte abgeschnitten. Etwas, oder Jemand polterte mit unglaublicher Wucht gegen die Eingangstür. Ein neuerliches Krachen ertönte und eine heisere Stimme schrie: „Öffnet! Vor Eurem Haus stehen Soldaten des Königs! Ihr werdet des Verrates am König bezichtigt, da ihr Verbrecher unter Eurem Dach versteckt!“
Gideon stand auf, wobei er seinen Stuhl umwarf, der mit einem lauten Poltern zu Boden fiel. Er schüttelte Jill an der Schulter.
„Schwöre, Jill.“, flüsterte er. „Bitte.“
Erst sah es aus, als wolle Jill den Kopf schütteln, doch schließlich seufzte sie. „Ich schwöre.“
Es war, als würde eine schwere Last von Gideons Schultern fallen. „Ich danke euch allen.“ Grenzenlose Erleichterung stand ihm ins Gesicht geschrieben.
„Im Namen König Yoraths! Öffnet diese Tür!“ Ein erneutes Poltern war zuhören, gefolgt von einem lauten Fluch. Die zusätzlichen Schlösser taten ihre Pflicht.
„Schnell, schnell.“ Gideon winkte sie näher heran, dann bückte er sich und schlug den kunstvollen Teppich zurück. Die verborgene Falltür zeichnete sich deutlich von der dunklen Patina des Holzbodens ab. Gideon stieß sie mit dem Fuß auf. Ein tiefes Loch voller Schwärze gähnte ihnen entgegen.
„Die Leiter führt hinunter in meinen privaten Vorratskeller.“, flüsterte er eindringlich. „Hinter dem letzten Fass auf der linken Seite ist ein weiterer Gang. Er führt direkt in den Wald.“
Als sich niemand rührte, schubste er sie auf die Falltür zu. „Beeilt euch! Es gilt, keine Zeit zu verlieren!“
Schließlich machte Jill den ersten Schritt und stieg die Leiter hinunter. Maien folgte ihr mit ängstlichem Blick, dann kam Anjan und zu letzt ließ sich auch Koryll in das Loch hinab. Gideon beobachtete sie dabei, wie sie einer nach dem anderen verschwanden. Wie sehr er sich wünschte, mit ihnen gehen zu können.
Nicht dieses Mal. Gideon schloss die Falltür und zog den Teppich wieder darüber. Gerade noch rechtzeitig, denn das laute Geräusch von splitterndem Holz krachte durch das Haus und nur kurze Zeit später waren mehrere Speerspitzen auf sein Gesicht gerichtet.
„Ihr seid verhaftet.“, stellte der vorderste Soldat fest.