"Oh.", murmelte Viv und strich sich fahrig eine Strähne hinters Ohr. Was hatte Cyl wohl gesagt? Wenn sie gehen musste, würde sie gehen, dass war gar keine Frage... Zögernd warf sie Darren von der Seite einen Blick zu. Er schien ihrem Blick auszuweichen. Viv biss sich auf die Unterlippe und versuchte auf das wesentliche zurückzukommen. "Und... was hat sie gesagt?"

Sie war nervös; das sah man ihr an. Vermutlich dachte sie, dass Cyl sie von der Schule werfen würde. Gewundert hätte es Darren auch nicht, wenn sich die Schulleiterin anders entschieden hätte, denn aus ihrer Perspektive war es eine schwierige Entscheidung. Aber Cyl hatte genug eigene Konflikte und dennoch ein gutes Herz. Sie hatte die, seiner Meinung nach, richtige Entscheidung getroffen. Er fragte sich, was er wohl gemacht hätte, wenn die Antwort unabänderbar Nein geheißen hätte. Vermutlich... vermutlich hätte die Schule dann einen Lehrer weniger gehabt. Wenn man einmal einen Stern gefunden und wieder verloren hatte, ließ man nicht zu, dass dies ein zweites Mal geschah.
"Sie hat gesagt, du kannst bleiben."

Bei Darrens Worten fiel Vivalie gleich ein ganzes Gebirge vom Herzen und erleichtert atmete sie aus; ihre Haltung entspannte sich sichtlich. Sie durfte bleiben... wusste Cyl wirklich, worauf sie sich damit eingelassen hatte?
"Danke.", sagte Viv leise zu Darren. "Danke, dass du sie für mich gefragt hast."

"Nichts zu danken.", sagte Darren schnell. Genau genommen war er eigentlich nur ziemlich eigennützig gewesen. "Und... wie gehts dir ansonsten so?" Das war keine Höflichkeitsfrage; er wollte es wirklich wissen.

"Nicht anders als sonst.", erwiderte sie überrascht und sah zu ihm hinüber. "ich bin zwar wieder hier... aber irgendwie fühlt es sich nicht mehr nach Zuhause an." Zuvieles war hier geschehen.. vielleicht hätte sie doch einen anderen Ort suchen sollen, einen Ort, andem sie wiedereinmal von vorn anfangen konnte. Doch jetzt war es definitiv zuspät. Hatte sie sich nicht gerade eben noch gefreut, bleiben zu können? Sie musste dringend nachdenken und sich über alles klar werden.

Darren musste grinsen. "Ich hab die letzten fünf Jahre hier verbracht und könnte dir trotzdem nicht sagen, ob es mein Zuhause ist. Mit Zuhause hab ich früher immer... Familie verbunden. Und da Schüler immer kommen und gehen und auf die meisten Lehrer dasselbe zutrifft, kann ich nicht behaupten, hier eine gefunden zu haben." Schnell wurde er wieder ernst. "Die Sache ist nur, wo sonst sollte ich zuhause sein?"

"Hm.", meinte Vivalie nachdenklich und blinzelte zum Himmel hinauf. "Zuhause muss ein Ort sein, an dem man sich wohlfühlt - oder das Zusammensein mit jenen Personen, die man liebt." Wo war ihr Zuhause hin? Wo hatte sie sich das letzte mal wirklich geborgen gefühlt? Nirgendwo in den letzten 10 Jahren. Noch immer wusste sie einfach nicht, ob in diesem Sinne überhaupt Hoffnung bestand.

"Ich fühl mich hier wohl.", betonte Darren. "Aber manchmal ist das vielleicht nicht genug." Er grinste. "ich bin eh ein ziemlich unruhiger Geist. Ich glaube, ich habe noch keine Schulferien hier verbracht."

Viv lachte, seltsamerweise ein wenig nervös. "Das verstehe ich. Ich hab mein halbes Leben sozusagen nur auf der Durchreise verbracht."

"Hast du denn nie einen Ort gehabt, wo du dich "zuhause" gefühlt hast?", fragte Darren. Viv war vermutlich noch weiter herumgekommen als er und er fragte sich, ob sie diesmal wohl bleiben würde.

"Nicht seit... ich meine Fähigkeit entdeckt habe.", erwiderte sie und bemühte sich krampfhaft umbekümmert auszusehen. "Seitdem bin ich nirgendwo mehr lange genug geblieben, um es als mein Zuhause anzusehen." Wie gern würde sie einmal nach Veonjar zurückkehren... doch das wollte sie nicht. Hätte ihr Volk von ihrer Gabe Wind bekommen, wäre sie so oder so verstoßen worden. Es lief auf dasselbe hinaus... Also war sie freiwillig gegangen.

"Hm.", machte Darren. Ihr ganzes Leben wurde wohl von dieser Fähigkeit bestimmt. Aber nicht mehr lange, wenn es nach ihm ging. "In den Kriegszeiten ging es mir wohl genauso. Damals warst du als Ork praktisch nur damit beschäftigt deine Haut ein ums andere Mal zu retten. Ich hatte gar keine Zeit für was anderes."

"Als Krieg herrschte war ich noch nicht in diesem Land.", murmelte Vivalie nachdenklich. "Damals wusste ich noch nicht einmal, dass mich meine Reise einmal hierher führen würde." Mit einem leisen Hauch von Neugier sah sie zu Darren hinüber. "Du hast also im Krieg gekämpft?"

Darren schüttelte den Kopf. "Nicht so richtig. Als der Krieg offiziell endete, war ich zwei Jahre alt. Und in dem Alter wusste ich nicht einmal, was Kämpfen bedeutet. Aber na ja, inoffiziell haben Elfen und Orks den Krieg heute noch nicht beendet und in manchen Gegenden kämpfen sie noch immer. Meine Familie musste mit mir fliehen, als ich fünf war. Und dennoch wurden wir auf der Flucht oft in Kämpfe verwickelt. Den letzten haben sie nicht überlebt..."

Viv senkte den Kopf. Sie wusste nur zu gut, wie es war, jemanden zu verlieren, der einem am Herz lag.
"Das tut mir leid.", erwiderte sie. Irgendwie fiel es ihr schwer, sich eine kleine Elfe im Kampf gegen einen Ork vorzustellen, doch wenn Darren Recht hatte - und daran zweifelte sie nicht - musste sie die Elfen wohl unterschätzen.

Darren zuckte mit den Achseln. "Es ist jetzt über zehn Jahre her und ich denke, ich bin drüber hinweg. Man kann nicht ewig um die trauern, die man verloren hat und ich kann auch nicht behaupten, dass sie eine Superfamilie waren. Manchmal vermisse ich sie, klar, aber ich lebe im Hier und Jetzt und nicht in der Vergangenheit."

"Sollte ich vielleicht auch mal versuchen.", meinte Vivalie kläglich. Eigentlich war es als Scherz gemeint gewesen, aber sie fand ihn nicht lustig.. warum hatte sie das gesagt? Viel zu viel Wahrheit steckte hinter diesem Satz, doch es war ihr einfach nicht möglich ihn zu befolgen.
Plötzlich fiel ihr etwas anderes ein; etwas, was sie lange verdrängt hatte. "Darren.", hob sie zögerlich an. "Ist sie... habt... wurde Sorrow begraben?"

Darren hielt überrascht inne. Er hätte nicht gedacht, dass sie es selbst zur Sprache brachte. Eher hatte er erwartet, dass sie dieses Thema monatelang krampfhaft vermeiden würden, bis er es irgendwann dann doch erwähnte, entweder aus Ungeschicktheit oder um damit etwas zu erreichen, auch wenn er sich nicht vorstellen konnte, was.
Zögernd nickte er. "Wir... haben ihr eine schöne Lichtung ausgesucht. Bestimmt hätte es ihr gefallen..." Sein Hals war ganz trocken und seine Stimme kratzig. Seltsam, wie man manche Menschen auch Jahre später noch vermisste, als wäre es erst gestern gewesen, dass man sie verloren hatte. Er hatte die Elfe kaum gekannt und doch hatte er gewusst, dass sie etwas Besonderes war. Und was noch dazu kam: Fast alle Schüler hatten an diesem Tag eine geliebte Person verloren. Bei ihm waren es zwei gewesen.
"Ich kann dich... hinbringen, wenn du willst."

Bei seinen Worten zögerte Vivalie und versuchte die Tränen zurückzuhalten, die hartnäckig versuchten ihre Augen zu verlassen. Doch sie wollte nicht weinen, nicht, wo sie schon so viele Tränen deswegen in den letzten Jahren vergossen hatte.
"Das wäre vielleicht... gut.", murmelte sie mit rauer Stimme, die gar nicht wie ihre eigene Stimme klang. Sie atmete tief durch und straffte die Schultern. Es wurde Zeit sich den Schatten endlich einmal zu stellen. "Bringst du mich hin?"

Er nickte nur und sie folgten dem Waldweg noch eine Weile, bis sie auf einen ungleich schmaleren abbogen und sich der Finsternis des Waldes anvertrauten. (--> Sorrows Grab)

cf:Marktplatz

Bella war mittlerweile müde und richtig kaputt,für heute wollte sie nur noch kurz ans Meer und dann verschwinden.Klar war das wohl das Dümmste was sie nur tun konnte aber sie liebte das Wasser zu sehr.Zu dem war sie jeden Abend dort,und das würde sie auch heute sein.

tbc:Meer

Es wurde Zeit, für Caleb zu gehen. Nirgends würde er mehr einen Platz finden. Weder an der Schule noch im Sitz der AMTG. Nirgendwo war er mehr Wilkommen. Und es wurde Zeit, dass er Zerstreuung fand und sich über seine eigenen Gefühle im Klaren wurde. Wie lange das dauern würde, wusste er nicht.
Und Finja? Sie hasste ihn sicherlich. Aber irgendwann .... Irgendwann würde er sie aufsuchen. Und dann würde er mit ihr reden. Lange reden. Und vielleicht ... ganz vielleicht würde sie ihm dann verzeihen.
Caleb schaute sich noch einmal um. Der Waldweg führte ins Dorf und dann direkt in die Stadt. Es würde wohl eine lange Reise werden. Eine Reise voller Gefahren. Das war es ihm aber wert. Ein aller letztes Mal schaute er zurück, seufzte tief und ging dann seinen Weg ...