cf: Friedhof

Einmal hatte sie Elias aus den Augen verloren. So war sie ein paar Minuten umher geirrt, bis sie ihn doch gefunden hatte. Hier auf dem Kiesweg stand er und rauchte eine Zigarette. Wahrscheinlich eine Beruhigungszigarette. Kaum hörbar war das Knirschen unter ihren nackten Füßen. Die Kieselsteine fühlten sich angenehm glatt und kühl an. Mit federleichten Schritten ging sie auf ihn zu. Ihr silber-rotes Haar wehte leicht im aufkommenden Wind. Still schweigend stellte sie sich neben ihn. Manchmal war die bloße Anwesenheit eines Wesens wie Salbei für die Seele. Es musste doch nicht unbedingt gesprochen werden. Wollte Elias reden, würde er schon von selbst den Mund aufmachen. Still und geduldig schaute sie ihn den Himmel. Leicht war der Mond zu erkennen, der seine ganz eigene Magie besaß. Leicht schloss die Mondelfe ihre Augen und ließ sie auf sich wirken. Es war schön, so zu stehen und nichts zu tun.

Der Punk zog den Rauch tief in die Lunge ein. Sehr tief. Was ihn zum Husten brachte. Aber das tat ihm gut. Plötzlich hörte er die Schritte. Die Schritte von der Elfe. Eigentlich hätte er jetzt was gesagt. Aber er schwieg. Aus den Augenwinkeln beobachtete er sie. Holly sagt nichts, schloss nur die Augen. Ein bisschen musste er schmunzeln. Wo er sie doch so angefahren hatte, war sie ihm gefolgt.
Nach dem die eine Zigarette nur noch ein kleines Stummel war, nahm er eine neue aus der Packung. Um sie herum war es noch nicht ganz dunkel. Nachts war seine Zeit. Elias spürte, wie langsam die Wut zu verebben begann. Trotzdem würde er später ein Wort mit James wechseln müssen. Unruhig wippte er wieder auf seinen Füßen herum. Dann schluckte er und schaute Holly direkt an. "Und kennst du ihn? Meinen Vater? Oder kommst du wo ganz anders her?" Er musste es wissen. An sonst hätte er keinen einzigen Augenblick mehr ruhe. Elias schluckte. Wenn sie ihn tatsächlich kannte...ja was dann?
Seine schwarzen Haare vielen ihm immer wieder in das Gesicht. Immer wieder mit einem leichten Kopfnicken, schickte er sie wieder an ihren Platz zurück. Noch immer wartete er auf ihr Antwort. Langsam stieg der Rauch in die Sommernacht auf.

Holly öffnete schlagartig die Augen, als Elias seine Stimme erhob. In dem Moment holte er eine neue Zigarette aus seiner Schachtel und fing an, sie aufzurauchen. Leicht legte sie ihren Kopf schräg und dachte nach. Sie kannte ja nicht einmal sich selbst, wusste ja nicht mal, wer sie war. Vielleicht war sie in Wirklichkeit eine Auftragskillerin. Manchmal war es gut, nicht zu wissen, wer man wirklich war. Manchmal war es einfach gut, die Situation so hinzunehmen, wie es nun einmal war. Ihre Augen schauten in seine, flackerten leicht hin und her. Dann schüttelte sie den Kopf. "Nein, ich denke, ich kenne deinen Vater nicht." antwortete sie ihm ehrlich. Holly konnte keinen Elf mit Elias verbinden. Sie kannte keinen Mann, der dem Halbelf ähnlich sah. Vielleicht kannte sie seinen Vater, bevor sie ihr Gedächtnis verlor. Aber das war nun nicht relevant. Würde sie jene Erinnerung wieder haben, würde sie es Elias sofort mitteilen. Das Mädchen fragte nicht nach dem Grund seiner Frage. Wenn Elias ihr das sagen wollte, würde er es von selbst tun. Niemand sollte zu Sachen gedrängt werden, die man nicht wollte.

Ein Aufatmen ging durch seinen Körper. Sie m einte es ehrlich. Das konnte er spüren. Es war etwas was ihm einiges erleichterte. Kurz schloss Elias die Augen. "Nimm´s mir bitte nich´ übel. Mein Dad und ich mögen uns nich´ so." Sagte er dann nach einer weile.
Mehr wollte er nicht sagen. Denn was er wollte war, den Typen zu vergessen. Am besten hier und jetzt,für immer. Er zwang sich ruhig zu bleiben. So war er nicht. Früher hätte er jetzt laut geschrien und alles klein gehauen was um ihn herum war. Egal wegen was. Es hatte Tage gegeben, an denen hatte er auch mal grundlos Streit gesucht. Hier war es anders.

Verständnisvoll nickte das Mädchen. "Ich ... verstehe es, denke ich." Sicher war sich die Mondelfe nicht. Wie waren ihre Eltern gewesen? Hatte sie sich mit ihnen verstanden? Hatte sie vielleicht sogar noch Geschwister? Fragen über Fragen und keine wirklichen Antworten. Abwesend wurde ihr Blick. Träumerisch schaute sie die schönen roten Rosen an, deren Knospen sich geschlossen hatten. Auf den zarten Blütenblättern waren Regentropfen. Einige bahnten sich einen Weg nach unten, tropften auf den Boden und versanken in der Erde.
Leise seufzte sie und riss sich selbst aus ihren Gedanken. "Du möchtest nicht wieder zurück, oder?" Es war fast offensichtlich.

"Ich habe kein Zu hause mehr. Nicht mehr..seit. Naja, egal." Elias seufzte kurz. Niemals würde er zurückkehren. Außer man trug ihn bewusstlos dort hin. Dann wippte er wieder auf und ab. Er schwieg wieder. Während er so wippte ballte er immer wieder die Faust.
Er sah die Rosen nicht. Nicht heute.

Aus ihren hellen Augen schaute sie ihn nachdenklich an. "Ich denke ..." fing sie an und suchte nach den richtigen Worten. " ... dass diese Schule dein neues Zuhause wird. Wir werden alle eine große Familie sein, die sich unterstützt. Das wird für die meisten gelten. Auch für mich. Denn auch ich habe wohl mein Zuhause verloren." Dabei hatte sie gar nicht vorgehabt, etwas von sich Preis zu geben. "Aber das ist nicht so wichtig." setzte sie noch hinten an und ihre Mundwinkel hoben sich leicht nach oben. Es wurde immer dunkler. Gerade jetzt, wo der Mond hoch am Himmel stand, würde es schneller dunkler werden. Bereits etliche Sterne waren am Sternenhimmel zu erkennen. Wie schön, fand sie.

Etwas bitter lachte er auf. Schaute ihr direkt in die Augen. "Ich bin nicht für ein Zuhause geschaffen,ich bin nicht für eine Schule geschaffen. Ich bin hier, weil mein Vater noch stärker ist wie ich. Wen ich könnte wäre ich schon lange dort wo ich sein will. Ich hasse Regeln. Und ich hab schon eine gebrochen...." Er wendete seinen Blick nicht ab, seine grünen Augen funkelten "..und für eine Familie bin ich auch nicht geschaffen. Ich Respektiere die, die es schaffen zusammen zu bleiben. Aber, ich..nein..ich habe Herzen gebrochen und mir wurde es gebroch. Die einzigesten, zu denen ich so was wie ein Familien Gefühl habe, sind meine beiden Kumpels. Mag hart klingen. Aber so ist es und ich denke bis jetzt nicht daran es zu ändern."
Diese mal hatte er viel gesprochen. Die ersten Sterne waren schon zu sehen. Sie funkelten wunderschön, passten garnicht so zu seiner Stimmung. Am liebsten hätte er jetzt auf etwas eingeschlagen. "Und..,ich bin kein guter Babysitter!" Meinte er noch zum abschluss. Es konnte gut sein dass er übertrieben hatte. Aber es war ihm nicht wirklich bewusst. Die Wut in ihm war doch stärker. Langsam wurde es auch kühler. Trotzdem blieb er so in seinem T-Shirt stehen.
Die Tattos die er bis jetzt hatte, waren gut zu sehen.
Warum glaubte jeder dass er irgendjemanden näher an sich heran lies? Er hasste es sich jemanden neuem zu öffnen. Oder gar zu vertrauen. Vertrauen kann man so gut missbrauchen. Und er wollte nicht missbraucht werden. Er wollte nciht hier sein..so vieles was er nicht wollte. Automatisch bewegten sich seine Beine über den Kiesweg. Er musste diese Wut los werden, bevor er wieder JAmes unter die Augen treten konnte. Warum war ihm Holly eigentlich gefolgt?

Aufmerksam hörte die Mondelfe dem Jungen zu und saugte jedes Wort wie ein trockener Schwamm auf. Verletzt. Ja, das traf es am besten. Elias war verletzt. Etwas war in seiner Vergangenheit vorgefallen, was ihn sehr geprägt hatte, sodass er nicht mehr vertrauen konnte. Und eindeutig hatte es etwas mit seinem Vater zu tun. So viel hatte sie mittlerweile verstanden. Erst einmal schwieg die zierliche Mondelfe. Ihre Worte musste sie gut überdenken. Schließlich sollten sie nicht falsch oder gar verletzend rüberkommen. "Gehörst du zu jenen, die ihre Gefühle für sich behalten als sie rauszulassen?" Holly glaubte, dass sie auch zu jenen gehörte. Zu jenen, die lieber ihren Frust in sich reinfraßen. Denen man ihre Gefühle und Gedanken nicht im Gesicht oder in den Augen ablesen konnte. Ein offenes Buch war sie noch nie gewesen. Eher kühl und unnahbar. Viele hielten sich von ihr fern, weil sie nicht unbedingt dieses herzliche und freundliche ausstrahlte. "Ich glaube ..." fing sie an und versuchte mit ihm Schritt zu halten. " ... dass dein Vater dir viel Schlimmes angetan hat. Und das tut mir leid. Aber du solltest langsam wieder anfangen, anderen zu vertrauen. Dies braucht diese Schule, um existieren zu können. Ohne Vertrauen ineinander wird der Zusammenhalt hier zerbrechen und ich glaube, das ist es, was diese Mordo Fea wollen." Ihre Schlussfolgerung klang logisch und richtig in ihren Augen. Irritiert schaute die Mondelfe ihn dann doch an. "Babysitter?" Sie wusste nicht, was das war. Von dem Wort hatte sie noch nie etwas gehört.

Er schwieg, so viel hatte er nicht sagen wollen. "Meine Gefühle sind mein Problem.." Meinte er dann schlieslich. Waren sie ja eigentlich auch. Seine. Das was ihm ganz alleine gehörte. "Und dass ich nicht vertraue, bedeutet nicht, dass ich nicht helfen würde. Dieser Schule. Es bedeutet nur..nun ja..ist egal." Wärend dem gehen kickte er Steine vor sich hin.
Seine Haare rutschten ihm wieder ins Gesicht. Wütend schüttelte er den Kopf. "Babysitter bedeutet auf kleine Kinder aufzupassen oder..nun ja auf andere." Wenn sie ein anderes Wesen gewesen wäre, hatte es ihn gewundert warum sie das Wort nicht kannte.Aber Elfen waren anderst und sie erst recht. Nun sie schien anderst als andere Elfen zu sein. Vielleicht waren sie doch nicht so übel....

Holly seufzte leise. "Sicher sind deine Gefühle dein Problem. Aber glaubst du nicht, dass wir uns anderen Sorgen machen, wenn es dir schlecht geht?" meinte sie leise und legte behutsam ihre kleine Hand auf seinen Arm. Ein Zeichen, dass sie da war. Durch ihre kühle Ausstrahlung, die sie meistens hatte, gingen ihr die anderen aus dem Weg, vertrauten ihr einfach nicht. Dabei konnte sie einfach keine Gefühle zeigen. Ob sie es in ihrem früheren Leben konnte? Einfach weinen und lachen?
Scheinbar wollte Elias nicht weiter darüber reden. Holly wäre die Letzte, die ihn zum Reden bewegen würde. Hastig strich sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. "Ah, ich verstehe." sagte sie mit ihrer glockenhelle Stimme. "Und auf was beziehst du dieses 'Babysitter'? Doch nicht etwa wegen mir. Ich kann gut alleine auf mich aufpassen." erwiderte sie wieder kühl. Ihr gefiel es nicht, dass er sie gerade indirekt als Baby bezeichnet hatte. Doch ihre Wut darüber konnte sie einfach nicht zeigen. Regungslos wie eh und je war ihr blasses Gesicht. Zeigte keine einzige Emotion.

Er schaute sie an. "In meinen Augen bist du kein Baby. Ich meinte es nicht so. Nur..wie soll ich es erklären?" Elias schaute sie wieder an. In Hollys Gesicht waren keine Emotionen zu sehen. Es war blass und schön. Ein Elfen Gesicht. Ihre kühle Hand spürte er auf seinem warmen Arm. Es tat gut. Und es tat auch gut, dass sie ihn nicht kannte. Holly konnte nicht wissen wie er sonst war, was er normalerweiße tat und hoffentlich konnte die Elfe nicht vorraussehen was er als nächstes tun würde. Leute die ihn kannten gingen anderst mit ihm um. Fast wie mit einem Hochexploisvengemisch. "Wer auser James macht sich denn bitte sorgen um mich?"
Keiner...

"Du musst dich nicht erklären." sagte Holly verständnisvoll. Also lag sie richtig mit der Annahme, dass er sie als Baby indirekt bezeichnet hatte. Ein komisches Gefühl machte sich in ihr breit, schien sich immer weiter auszudehnen. Es war, als würde ihr kleiner Körper gleich zerplatzen. Ihre stahlblauen Augen wurden glasig. Fühlte es sich etwa so an, wenn man verletzt wurde? Das Gefühl war komisch. Anders. Gewöhnungsbedürftig. Denn es war das erste Mal, dass sie sowas empfand. "Viele." antwortete sie ihm knapp. "Die Lehrer, deine Mitschüler. James und ich. Dieses rothaarige Mädchen. Wie hieß sie doch gleich?" Das Mädchen dachte angestrengt nach. War es nicht irgendwas mit S gewesen? So genau konnte sie sich nicht mehr daran erinnern. Manche Namen waren wie Vokabeln einer fremden Sprache, die sie lernen musste. Hatte sie nicht viel mit denen zu tun, vergaß sie sie wieder. Die Mondelfe nahm ihre Hand zurück.
Und da war auf einmal wieder dieses Stechen in ihren Flügeln. Das Mädchen presste ihre Lippen zusammen. "Kannst du mir sagen, ob diese Schule ... eine Heilerin hat?" fragte sie ihn. Sie hoffte es. Denn sonst wusste sie nicht weiter mit ihren kaputten Flügeln. Hauchzart waren sie. So zerbrechlich wie Porzellan. Und man hatte sie zerstört. Eingerissen wie Papier. Und es war sehr schmerzhaft.

"Saraya!" Sagte er mit einem kurzen,leichten Lächeln auf dem Gesicht. Zu dem Rest schwieg er besser. Es konnte kommen was wollte. Elias wettete darauf dass er am Ende recht behalten würde. "und trotzdem, du bist für mich kein Baby, dafür weiß ich was Elfen alles anrichten können." Unbewusst hatte er das Wort, anrichten,benutzt. Kurz schüttelte er den Kopf. "ich kann mit dir suchen gehen, wenn du willst, ich hab noch irgendwas gegen Schmerzen. Nur keine Ahnung ob es wirklich was nützt. Is´ja eigentlich gegen Kopfweh." Meinte er.
Jetzt erst sah er dass ihre Flügel eingerissen waren. "Was hast du den angestellt?Dich mit einer Furie angelegt?" Fragte er, letztere sollte ein Scherz sein. Wo bei es ja nicht wirklich angenehm sein soll sich mit einer Furie anzulegen.

„Genau, Saraya!“ rief sie, denn ihr war der Name dank Elias wieder eingefallen. Nicht wirklich wusste sie, etwas darauf zu erwidern. Natürlich war sie kein Baby mehr. Für diesen Ausdruck war sie einfach zu groß, zu anständig, zu erwachsen. Kind war sie nie gewesen. So hatte sie zumindest das Gefühl. „Ich glaube nicht, dass Kopfschmerztabletten gegen mein Leiden etwas ausrichten könnte.“ Nein, Kopfschmerztabletten wurden extra für den Kopf gemacht und nicht für hauchzarte, leicht angerissene Flügel. „Eine Furie?“ Was sollte das sein? Wie fremd sie doch eigentlich in dieser Welt war. All ihre Erinnerungen waren verloren gegangen. Wie eine Seifenblase zerplatzt, kaputt, zerstört. In manchen Momenten fühlte sich Holly schrecklich hilflos und alleine, verlassen. „Nein, ich denke nicht, dass ich mich mit einer … Furie angelegt habe.“ Sicher klang ihre Stimme nicht unbedingt bei ihren zögerlich herausgebrachten Worten. Schlecht konnte sie ihm sagen, dass sie all ihre Erinnerungen verloren hatte, nicht wusste, wer sie war, woher sie kam. Es war einfach schrecklich, nicht zu wissen, wer man wirklich war. Es war, als würde einem ein wichtiger Teil genommen worden sein. Als wäre man nicht komplett.

ELIAS legte den Kopf schief und musste lächeln. Dann war er wieder ernst. "Mein ich ja..also wenn du willst können wir ja jemanden suchen der mehr weiß wie wir zusammen."Sagte er. Irgendwie bekam er mehr und mehr das Gefühl, dass Holly irgendwas verheimlichte. Denn so gut wie jeder wusste was eine Furie ist. Und auch wie sie manch mal redete, war als wüsste sie manch mal nicht, was sie sagen sollte oder was gemeint war. Aber das war ja jetzt egal. "Naja...was anderes kann ich dir nicht anbieten. Also komm..." Er packte sie am Arm und zog sie hinter sich her. Sein Griff war fest. So dass sie sich nicht gleich los reißen konnte.
Schmerzen waren nicht gerade angenehm, das wusste er. Vielleicht wusste Saraya was? Naja, vielleicht auch nicht.Schließlich war sie ja auch neu hier....

Langsam nickte sie nur. Das wäre sicherlich ratsam. Denn langsam wurden die Schmerzen unerträglich. Das Gefühl, was sie empfand, war nicht in Worte zu fassen. Es war, als würde man ihr ihre geliebten Flügel stutzen. Oder als würde man sie langsam aus ihren Schultern herausziehen. Stück für Stück. Eine grausame Prozedur. Irgendwo hatte sie gelesen, dass dies in vielen Ländern noch gemacht wurde. Welch grausames Schicksal für jede Elfe und jede einzelne Fee.
Plötzlich spürte sie einen festen Griff um ihren dünnen Arm und schaute erschrocken auf. „Nicht!“ rief sie und wollte sich von ihm losreißen. Angst. Pure Angst empfand sie, als er sie so anfasste, obwohl sie wusste, dass es nicht böse gemeint war. „Bitte.“ Fehlte sie ihn an. Panik schwang in ihrer hellen, melodischen Stimme mit. Warum sie solche Angst auf einmal bekam, wusste sie selbst nicht.
Dunkelheit. Es war so schrecklich dunkel. Und so kalt. Eine Gänsehaut bildete sich auf ihrem Körper. Es roch muffig hier unten. Kein Lichtlein drang durch die Ritzen des kalten Gemäuers. Schritte. Das kleine, verängstigte Mädchen hörte Schritte. Ein Klacken und die Tür ging auf. Der Raum wurde von grellem Licht durchflutet. Kurz kniff sie die Augen zusammen, öffnete sie langsam, um sich an die Helligkeit des Lichtes zu gewöhnen. Umrisse einer Person sah sie. Eine stattliche Figur hatte der ältere Mann, der langsam die Holztreppe hinunter stieg. Eine Holzstufe knarrte und ließ sie zusammenzucken. Ängstlich presste sie sich in die Ecke des kleinen Raumes, um so viel abstand wie möglich vor dem dunkelhaarigen Mann zu haben. Doch er war zu stark, packte sie fest am Arm, zog sie brutal mit sich. Auf der Treppe stolperte sie und schürfte sich die dünnen Knie auf. Den Blick ihrer einzigen Verwandten, ihrer Tante, spürte sie auf sich und dann verschwamm alles.
Schweratmend sackte die kleine Mondelfe in sich zusammen. Was hatte das zu bedeuten? Es war, es musste, ein Stück ihrer Erinnerung sein. Doch wer war diese ältere Dame und der Herr, der sie so brutal aus dem dunklen Raum gezogen hatte. Und vor allem, was passierte direkt danach? Was war mit dem kleinen Mädchen, mit ihr passiert? „Es … tut mir leid, Elias.“ entschuldigte sie sich mit schwacher Stimme, war nicht fähig in seine dunklen Augen zu schauen. Für ihren kleinen Gefühlsausbruch schämte sich die Mondelfe sehr. „Ich wollte dich nicht anschreien. Das ist nicht wieder gut zu machen.“ Kaum merklich schüttelte sie ihren Kopf. Noch immer tobte ein kleiner Sturm um sie herum, den das Mädchen nicht zu merken schien. Doch mit jeder Sekunde wurde dieser schwächer bis er ganz abflaute.

Der Punk zuckte zusammen.Lies sie los.Innerhalb von Sekunden war sein Gesicht eine Maske. Holly atmete schwer. Waren das Schmerzen? Hatte er ihr weh getan? Ihr angst gemacht?
"Ist schon okay." Vorsichtig berühre er sie an der Schulter. "Ich kenne das, wenn ich dir weh getan haben sollte.Tut mir Leid. Vielleicht sollte ich mich besser von dir fernhalten."
Elias schluckte. Würgte ein paar Erinnerungen runter. "Jetzt ist wichtig dass es dir besser geht."
Dabei dachte er an irgendwem der Heilen konnte. ALkohol oder so etwas kam für ihn nicht infrage. Nicht für sie oder jemand anderem an dieser Schule.

Augenblicklich zuckte Holly wieder zusammen, als er sie berührte. Auch sie glättete ihr Gesicht zu einer vollkommen emotionslosen Maske. Ganz langsam erhob sie sich. Noch ein wenig zitterte ihr kleiner, zierlicher Körper. „Nein, alles okay. Ich bin es bloß nicht gewohnt.“ erklärte sie ihm leise. Warum hatte Holly nur das verdammte Gefühl, ihm weh getan, verletzt, zu haben. „Nein, nicht fern halten. Nur nicht berühren.“ Mit jeder vergehenden Minute schöpfte sie mehr Kraft und erhob sich langsam wieder von den Kieselsteinen, die kleine Abdrücke in ihren Knien hinterlassen haben. „Es wird nicht wieder vorkommen.“ versprach sie ihm mit kühler Stimme und schob sich eine linke Haarsträhne ihres Haares hinter ihr linkes Ohr.

Seine Finger zuckten Automatisch wieder zurück. Er wollte alles nur richtig machen.Nichts falsch.
"Ist schon okay.Wirklich. Ich kenne..so was.." Du wiederholst dichRief eine Stimme in seinem Inneren. Etwas unbeholfen schaute er ihr zu. "Es ist wirklich okay."
Er hatte ihr eh getan. Da war er sich sicher. Nur in welcher Form wusste er nicht. "Bist du sicher?"

Unsicherheit breitete sich in dem Mädchen aus. Das erste Mal seit Monaten. Dann nickte sie. "Ja, es ist alles okay. Als du mich berührt hast, ist nur eine ... unschöne Erinnerung hochgekommen. Mehr nicht." Zaghaft versuchte sie ihre Mundwinkel nach oben zu heben. Vergeblich. Lächeln war wohl nicht ihr Ding, passte wohl nicht zu dem stillen, kühlen Mädchen. "Wollen wir zurückgehen?" versuchte sie etwas unbeholfen das Thema zu wechseln.

"tut mir Leid. Ich mache das nie wieder!" Während er das sagte, hatte ELias schon den Entschluss gefasst sofort zu verschwinden, wenn er sichergestellt hatte dass Holly geholfen wird. Denn er hatte jetzt all dem keine große Laune sich noch jemandem zu erklären oder irgend was anderes zu tun. Denn seine Probleme, waren seine Probleme und brauchten ihre eigenen Lösungen.
Sicherheitshalber lief er neben ihr. So dass er sie doch notfalls auffangen konnte.

"Bitte entschuldige dich nicht. Du konntest es ja nicht wissen." Ich wusste es doch auch nicht ..., dachte sie verbittert und presste ihre Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. "Elias? Wollen wir zurück zu den anderen gehen?" fragte sie ihn mit glasklarer Stimme. Erwartungsvoll schaute sie ihn an, während sie langsam nebenher gingen.

tbc: Friedhof

Der Punker nickte und lief los. Er hatte ihr weh getan. Glaubte er. Und hasste sich dafür. Aber sich anmerken lassen würde er es nicht. "komm.."
Seine schwarzen fast durchgelaufenen Springersteifel knirschten über den Weg. Schon bald war der Friedhof in Sicht. Da wurde er langsamer.
-->Friedhof