"Also, ist es das?", murmelte Mi, eher an sich selbst gerichtet. "Du kannst nicht sein wie die anderen, also müssen die anderen so wie du werden. Und wenn das nicht funktioniert, sterben sie..."
Auf eine absurde Weise hörte sich das logisch an.

Einen Augenblick starrte Yaleen Mira einfach nur an. Sie war sich nicht sicher, ob es ihr gefiel, wie die andere mit ihr redete - und vorallem, wie schnell sie begriff.
Diese Unterhaltung zog sich nun schon zu lange.
"Dir ist klar, dass ich dich nicht einfach laufen lassen kann, oder?"

"Nein.", sagte Mi, als wäre das auch die einzige logische Konsequenz, die sie gezogen hatte. War es ihr denn schon so gleichgültig, was geschah?, fragte sie sich.
Hatte es sich für Kido so angefühlt, als er beschlossen hatte, nicht mitzukommen? War er gleichgültig? "Aber was willst du tun?", fragte sie, als wäre die Antwort darauf nicht ohnehin schon klar.
Sie würde es nicht tun. Als sie in Leenas Augen sah, wusste sie es plötzlich. Dieses Mädchen mochte so sicher wirken, aber sie würde sie nicht töten.
Vergiss niemals, wer du bist, flüsterte Kido in ihren Gedanken. Du bist keine von ihnen. Du gehörst zwar nicht dazu, aber macht dich das schlechter?
Ja, dachte Mi widerstrebend zurück. Ich glaube schon.
Aber das hindert dich nicht daran, das zu nutzen, was du bist...
Trotz allem war sie immer noch ein Engel...
Mit einem gewaltigen Ruck spannte Mira ihre Flügel zu ihrer vollen Spannweite auf. Ein Flügelschlag nur, schon schwebte sie. Ein weiterer - und das, was von Leenas Höhle übrig war, fiel in sich zusammen. "Es tut mir leid.", sagte Mira voller Bedauern. "Ich wollte deine Höhle nie zerstören." Aber sie wollte auch nicht sterben. Nicht jetzt.
Die Kraft ihrer Schwingen trug Mi hoch hinaus in den Himmel. Und sie ließ Leena und Kido und alle Gedanken zurück.
(tbc: Unterricht)

Einen kurzen Augenblick schrie Yaleen ihre Wut hinaus, als Mi davon flog, unaufhaltsam und unerreichbar für sie. Ihr Plan! Was war mit ihrem Plan?? Dieses Mädchen hatte die Kraft all ihre Anstrengung und Bemühungen zunichte zu machen! Und das durch ein einziges Wort zu ihrer Zwillingsschwester! Wenigstens hatte sie Mira nicht ihren wirklichen Namen genannt.
Zornerfüllt blinzelte sie hinauf ins Sonnenlicht, durch das Loch, dass nun eindeutig zu groß war, um unentdeckt zu bleiben. Sie musste sich einen neuen Unterschlupf suchen, und zwar bald. Wütend trat sie gegen einen Stein und begann in der lockeren Erde um sie herum nach ihren Sachen zu suchen. Als Mi davongeflogen war, war die Decke auf sie niedergegangen - wenigstens war es nicht viel Dreck.

Yaleen machte sich an die Arbeit. Es hatte keinen Sinn zu toben - sie musste weg von hier und ein neues Versteck finden, ehe jemand sie fand. Nach kurzer Zeit sah die eingestürzte Höhle aus, als wäre es wirklich niemals mehr gewesen und Yaleen schulterte ihre Taschen, um sich auf den Weg zu machen.

--- Wald.